Montag, 16. März 2009

Chromeo / 11.4.2008 / KOKO - London


Wenn in Camden die Discolights blinken, dann ist der Chromeo-Express in der Stadt. Ein Bericht vom Nabel der Musikwelt.

Vinyl 24/7

……“und wenn 7 p.m. auf der Karte steht, dann solltest auch dort sein…im eigenen Interesse!!!
Aha, na dann wird’s Zeit, obwohl ich mich grad so eingelebt hätt im BM -Music in der D'Arblay Street/Soho.cija tomorrow guys, oder doch noch zu späterer Stunde in Aldgate/Limehouse?....ich bin raus…..

High in Camdentown


Also ab in die Northern und dann die 5 Stationen bis Camden Town bzw. Mornington Crescent. Sollt ja beides an der Camden Highstreet liegen. Zweiteres wär´s gewesen, aber es gibt Schlimmeres, als den Flair Camdens mittels zehn minütigem Vorabendwalk aufzugreifen.
Das wunderbare Gefühl, endlich mal wieder in eine Stadt zu reisen, um sich (unter anderem) ´nem Konzertereignis hinzugeben, verbunden mit einer Unmenge an Impressionen die man unvermeidlich so aufschnappt in all den Tagen, das alles ist einfach unersetzlich und noch viel mehr unbeschreiblich……ob mein Versuch, es trotzdem in Worte zu fassen geglückt ist, dass kann ich jetzt noch nicht beurteilen……Wert ist es das bisschen Schreiberei aber allemal, auch im Eigenen Interesse!
Das Venue steigt im Koko, ein (seit den 70´ern) legendärer Londoner Club im Norden der Stadt. Vormals Theater, Kino und mit unzähligen Namensänderungen immer wieder neu aus der Taufe gehoben, entwickelte sich das Koko unter anderem dank früher Auftritte von The Sex Pistols, The Clash, Eurythmics, Madness oder Madonna zu einer nicht mehr wegzudenkenden Fixgröße des dicken Britischen Book of Music.
Welchen Charme der Club zu damaligen Zeit verstrahlte ist aufgrund der renovierungsbedingten Eingriffe mittlerweile nur mehr mit Hilfe von Archivmaterial zu rekonstruieren, die Art und Weise allerdings wie das Koko dieser Tage zu verzaubern weiß, das sollte man anhand eines Lokalaugenscheins doch besser persönlich und für sich heraus finden - irgendwann ist nämlich auch mal Schluss, wenn´s darum geht Extraorbitales in Worte zu fassen…..

100%


Das Gerücht, Konzerte beginnen in England immer überpünktlich (gemeint= Hauptact) bestätigt sich (Gott sei dank) in meinem Fall nicht. Zu frühe Anreise und Warteschlangen bei vorherrschendem Tageslicht (wie ich sie ein paar Meter die Straße aufwärts gesehen hab) rauben, meiner Ansicht nach, der ganzen Sache nämlich ein bisschen dieses Geheimnisvolle. Zumindest fühl ich mich Nächtens immer „more comfortable“, „more incognito“ und die Gegenden rund um Konzerte sind einfach vom Spirit her viel „aufgeladener“, prägender (im Fall von Camden sowieso), als wenn die Sonne am Ende ihres Arbeitstages alles noch mal auf eine Karte setzt und uns durch die letzten Strahlen in ein „Pastellfarbenes Parallel Universum“ zu tauchen versucht.
Man sagt mir, die Supportband (??) starte um 8 p.m., Chromeo werden dann um ca. 9 p.m. die Bretter, welche die Welt bedeuten, entern.
Aufgrund meiner begrenzten Zeit in London, widme ich mich nochmal kurz dem Viertel um dann beim letzten Song des Supports gerade noch einem innigen Kuss des singenden Freaks/Frontmanns zu entkommen - dann doch erst mal ein Bier und als der Change Over - Dj sein Set startet, wünsch ich mir genau das die ganze Nacht…traumhaft wie der auflegte!

101%


Mit der Zeit wurde die Crowd, die jetzt das Koko fast zum Platzen brachte, und teilweise fast schon akrobatisch in diverse Logen (übereinander) residierte, unruhig…..Chromeo Chöre hallten durch das alte Theater Ambiente und als niemand mehr die „Warmup Beatzz“ an seine akustischen Resonatoren ließ, da verschmolz auch schon das geforderte Chromeo, ooohhhhhhhoooo, Chromeo ooohhhhhhooooo, Chromeo ooooooohhhhhhhoooooo,…….. mit den verspielt programmierten Samples des bestens bekannten Intro´s von Fancy Footwork, der aktuellen Platte des arabisch-jüdischen Electrofunk Duo´s aus Montreal bzw. NYC. Einen perfekteren Opener konnte man sich in diesem Moment gar nicht vorstellen, und mit Sicherheit wurde genau darauf schon bei der Produktion ein imaginäres Auge geworfen. Am Tonträger funktioniert der Übergang vom Intro in die Darauffolgende Nummer, Tenderoni, mit Hilfe von zentnerschweren, vergoldeten, bling-bling Gangsta, Gangsta, Gangsta Ansagen, getoppt von einem knackigen Electrosnare Sound. Das Publikum hatte die „Gangsta Rhyme´s“ natürlich astrein drauf, was jedoch auf den Anfangswahnsinn folgte waren die Nummern Outta sight, eigentlich eine klassische No.1 Single aus dem Mittelfeld des neuen Albums, welche bis jetzt jedoch nicht mal ausgekoppelt wurde, gefolgt vom Opener des Debüts (She´s in Control), Me and my man, bei der das Duo in alter Manier lautstark das Publikum aufforderte mal eben die von ihnen getätigte Ansage zu vervollständigen……na dann…chromeOOOOOOOOOOO!!!
Obwohl das Set gerade mal drei Nummern (und ein Bier) alt is, ist die Party schon voll im Gange, die ersten (80´er)T-Shirts rund um mich schon erbarmungslos durchgeschwitzt, die fancy Sonnenbrillen schon zigmal neu scharfgestellt und die vielen Nike-Retro-Basketballbock so richtig versaut. Ich bin noch immer nicht „angekommen“, hab aber diverse Schrei-, Mitsing-, Klatsch- und Pfeifreflexe schon längst vollautomatisiert. Überhaupt, und das ist mir ja nichts Neues mehr, wird hier Musik mehr geschätzt, intensiver gelebt und ist schon noch mehr in der Urform und dem Grundgedanken des Ganzen verankert – der Passion für genau DIESE!
David 1 und P-Thugg beherrschen ihre erschaffene Welt, haben das Dancefloor- Zepter fest in der Hand. Wie immer hab ich vor dem Konzert Gedanken gesponnen, um endlich mal eine komplette Setlist mit nach Hause zu nehmen…aber sorry. Wenn sich´s im Normalfall als eher schwierig herausstellt, dann sprechen wir hier von Extremen. Keine Sekunde, in der nicht irgendein posenhaftes funky Macho-Gitarrensoli aus David 1´s Handgelenk geschüttelt, ein Splashbecken des in der Mitte positionierten Percussionkits verdroschen, Instrumente gewechselt oder einfach nur die Grenzen von P-Thugg´s Talkbox ausgelotet werden. Nebenbei noch schnell ein paar „solid disco grooves“ auf ´nem Fender Jazzbass und zack……da switchen dieFinger schon wieder zwischen den Nord´s , Korg´s und dem Apple umher, so als ob es nichts leichteres gäbe als diesen ganzen Wahnsinn an Elektronik, Musikalischem Know-How und Gespür für eine Liveshow unter einen Hut zu bringen.
Die Freitagnacht ist noch jung und die überdimensional ausgefallene Discokugel in der Kuppel des Saales strahlt Chromeo weiterhin den mit Hits gepflasterten Weg. Da wird die feurigste Pizza Tenderoni serviert, gespickt mit einer Prise Two Step – Two Step – Two Step, damit das Fancy Footwork von alleine seine Mission erfüllt - Fighting in the Livingroom nämlich - nur um dann festzustellen: My girl is calling me ( a liar) obwohl sie doch so ein Needy girl ist. Call me up soll dann aber doch noch die rettende Hand mimen und die ist im gewaltigen Seegang der Koko-Crowd auch bitter nötig, um schlussendlich nicht ausgepowert und kraftlos unterzugehen wie ein Mommas Boy. Man wird so in den Bann der Beiden gezogen, taucht ab in deren Lyrics und Messages, verliert sich in den saftigen Bässen und Beats, welche aufgrund der exzellenten Beschallung zum reinsten Ohrenschmaus mutieren, ja man ist plötzlich einer dieser „chROMEO`S“, überglücklich und still in love.
Wahrscheinlich ist gerade die Kombination all dieser (plötzlich auch augenscheinlichen) Faktoren der Grund, sich an Chromeo einfach nicht satt hören zu können, stattdessen bei jedem Mal tiefer in deren fiktive, aber eigentlich doch so reale Welt zu verfallen, sich immer wieder das Booklet zu schnappen, Texte zu studieren und anhand dieser Map-sowie der verspielten Synthiesounds, als auch der daftpunk´schen Talkbox - fast schon automatisch ´nen smootheren Weg durch die Großstadt namens Life zu gehen.
Nachdem David 1 und P-Thugg mittlerweile weit über eine Stunde auf der mit LED-Säulen gespickten Bühne Schweiß vergossen haben, wird’s Zeit für einen kurzen Garderobenwechsel. Dabei weicht der Professor look- a – like- Anzug einem saloppen Gilet bzw. der knallrote NYC-Bronx-Jogger einem (offenbar) traditionellen bunten afrikanischen Stilgewächs.
Von Müdigkeit ist weiterhin keine Spur, und auch die Setlist scheint auf Endlospapier geschrieben zu sein.

120%


Nach fast zwei Stunden ertönen dann aber die abgedämpften Gitarrenklänge von 100%, meines Erachtens eine der besten Nummern (wenn man das überhaupt so sagen kann) auf Fancy Footwork – und auch die das Album Beschließende. Man bleibt also dem perfekten Konzept des Tonträgers treu -weil, und das sehe ich genauso, diese Vorgehensweise einfach nicht mehr zu toppen ist. ….naja, einen Wehrmutstropfen gibt’s dann doch noch: Auf Fancy Footwork schließt sich der Kreis zur Gänze, weil im Outro von 100% der Chorus von Tenderoni, dem eigentlichen Opener (Intro nicht mitgezählt), in Endlosschleife und Fade-Out gesungen wird…….
Konzerte bewegen sich allerdings immer in einem zeittechnisch limitierten Rahmen, von daher ein auf Logik basierender Entschluss - raffiniert!!
Kurz wurde die Menge noch auf die Folter gespannt, ob einer allerletzten Zugabe, doch auch die lautesten One more song - Rufe verhallten in der Tiefe des Clubs…..und als schlussendlich die glühenden Beine, welche als Bühnendekoration stramm stehen mussten erloschen, war der Vorhang ein für alle mal gefallen…..

Bleibt eigentlich nur mehr zu sagen:
and since you´ve been gone
It´s been to each own
We´ll never be side by side
Or so it seems“

*thez* 180408*

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