Freitag, 5. Juni 2009

Primaverasound Festival - Barcelona / Dia 1


Drei Tage, Fünf Bühnen, ein Unplugged Zelt, 145 Acts, das angenehmste Publikum seit ich Festivals besuche, um einen herum das Mittelmeer und ein Nachtbus ins Bett. Wenn das der Frühling war, wie fühlt sich dann der Sommer an?

Angekommen

Oft hatte ich dieses Gefühl in dieser Art und Weise noch nicht verspürt. Wahrscheinlich sogar noch nie. Obwohl ich die letzten drei Monate genauso zu den Wichtigsten zählen würde, die mir bis jetzt widerfahren waren. Kommt man dann aber wieder in einer (immer noch mehr oder weniger) fremden Stadt an, mit einer anderen Sprache und einer anderen Mentalität, dann geht es Schlag auf Schlag. Weil nämlich auch da Leute auf einen warten, weil man Monate lang schon eine Wegstecke gemeinsam zurückgelegt hatte, weil man plötzlich nicht mehr der Fremde ist, der von einem Tag auf den anderen da gestrandet war. Man ist mehr. Ein Zahnrad von vielen, die es möglich machen, dass die Maschine vielleicht einen Takt runder rennt als normal. Und das Schönste – es beruht auf Gegenseitigkeit. Emotionale Wellen hauen einen um und drücken dich unter die Oberfläche. Da kann schon die eine oder andere Träne zusätzlich zu soviel Wasser vergossen werden, weil es egal ist – und oben drein noch das Ehrlichste auf der Welt. Andere Länder, andere Sitten, das hab ich schon mal geschrieben, und glücklich bin ich, dass ich das in dieser Art und Weise erleben, spüren darf.

Das mich Wien gar nicht loslassen wollte, dafür mach ich schlussendlich mein schlaues Büchlein verantwortlich. Aber was da drin steht, das pickt – blöd nur, wenn´s trotzdem falsch ist. Also bleibt´s erst wieder an mir hängen. Aber Dummheiten werden bestraft, und drum bin ich mit ein paar Hunderter weniger im Geldsack und einer kleinen Sightseeingtour übers Gelände des Züricher Flughafens reicher, letztendlich erst am Dienstag ein weiteres Mal in Barcelona gestrandet.
Dass die ganze Stadt im Fußballfieber lag, das konnte man spätestens in der Ankunftshalle vernehmen. Als ich dann am Mittwoch auch noch Zeitzeuge eines bis dato niemals zuvor geschafften Triples wurde, das hat auch mich als nicht bekennender Fußballfanatiker ziemlich gepackt.
Aber solche Einstige in eine neue Etappe, die sind wichtig, weil man im Vorbeigehen bestätigt bekommt, dass es der richtige Schritt war, weil sowas halt nicht passieren würde in meinem Leben in der Heimat.
Und kaum hatte ich mich wieder erholt von dem ganzen Spektakel, da stand auch schon das Nächste vor der Tür. Das Primverasound eben.
Aber jetzt ist das auch vorbei und somit die Phase des Ankommens abgeschlossen. Produktivität steht jetzt wieder im Vordergrund und das Ziel, sich wiedermal ein Stück besser kennenzulernen, eine neue Seite seines Gesichts zu entdecken und zu schauen, wo es einen hin verschlägt.
Apropos Gesichter: Von denen hatte das Primaverasound Festival übrigens jede Menge.

Das organisierte Gesicht

Ich ging es relaxt an, enterte das Festivalgelände erst gegen 22 Uhr. Fast schon Luxus, wenn man mit der Linea L4 gerade mal 20 Minuten vom Abendessen in der eigenen Küche zum Parc del Forum braucht. Aber irgendwie auch passend zur derzeitigen Sicht auf die Dinge.
Punkto Organisation hatte ich, was spanische Festivals betrifft, nur positives in Erinnerung. Auch hier schien alles bis ins Detail geplant. Und auch wenn das im Endeffekt für ein Mehr an Vereinfachung stehen sollte, so bringt es doch immer noch jede Menge zusätzliche organisatorische Arbeit mit sich. Anzusehen war es den Ausführende aber nicht. Gleich von Anbeginn weg wurde man mit positiven Vibes überrumpelt.
Ganz ohne Verantwortung wurde man dann aber doch nicht in den Festivalreigen entlassen. Zusätzlich zum mittlerweile ja Standard gewordenen Armband gab´s hier auch noch eine mit einem Strichcode versehene Plastikkarte, einer Bankomatkarte gleich. Nur in Kombination dieser Beiden konnte man das Festivalgelände passieren. Man hatte also eine Sache mehr, die man verlieren oder zu Hause vergessen konnte. Und obwohl es natürlich zur lückenloseren Kontrolle beim Eingang diente, so wurde uns doch irgendwie durch die Blume gesagt– „Genießt es in vollen Zügen und mit allen Vorteilen, die wir euch hier anbieten, aber bleibt am Boden der Realität“ Zumindest hab ich das als solches vernommen – und brav wie ich bin, auch befolgt.
Erst mal drinnen, war ich ziemlich perplex. Schaute der Parc del Forum in meinem Gedächtnis bis dato wie eine verlassene Mondbasis aus, so schienen plötzlich wieder alle Einwohner zurückgekehrt zu sein. Nicht wieder zu erkennen war das Ganze, und ich brauchte echt eine Weile, bis ich mich orientiert hatte. Für diejenigen, die den Parc del Forum noch nie zuvor gesehen hatten war das wahrscheinlich einfacher. Man brauchte ja nur in den Festival – Mood umzuschalten und den Schildern folgen.
Fünf Bühnen wurden auf dem Gelände platziert, jeweils auf unterschiedlichen Niveaus und daher jedes Mal mit einem anderen Spirit. So fand man sich einmal auf der konventionellen Betonfläche vor der Hauptbühne, auf der einem Amphitheater gelichenden Steintribüne mit Blick aufs Meer, unter Dach, oder parallel zum Wasser, mit Fußweg durch einen Schilfgürtel und Blick auf die mit einer Million oranger Lichter verzierte Küstenseite der Stadt. Das alles macht aber eben solche Aktivitäten erst recht zu einem Platz des Wohlfühlens, und das ist etwas, was mir immer wichtiger wird.

Das neue, alte Gesicht

Zu den Klängen von Yo La Tengo eröffnete ich dann meinen ersten Frühling/Sommer im Ausland, also ziemlich spät eigentlich. Aber ich konnte und wollte mich dann doch nicht früher aus einer gemütlichen Runde entfernen.
Am Festival fiel dann erstmalig die Sprachbarriere weg, was mir eine komplett neue Art der Wahrnehmung offenbarte und mir aufs Neue zeigt, dass es ja gar nicht so ist, wie viele glauben. Nämlich dass ich die letzten Monate nichts aus dem Kraut gebracht hatte, mir nichts aneignete. Ist halt eine andere Ebene auf der das basiert – die des menschlich wachsen wollens.
Nach den doch eher turbulenten 48 Stunden davor, hatte ich mir für Donnerstag ein nicht so dichtes Programm zusammengestellt. Gehöre ich im Normalfall aber schon zu dem Typus Besucher, der so ein Happening nutzt, um möglichst viele neue Acts zu sehen. Die Recherche davor zeichnete mir aber schon ein Bild, in welche Richtung dieser erste Tag des Primaverasound gehen sollte. In die der Shoegazer, der Psychodelischen & Wüstenssand aufwirbelnden Rockbands und in die eher verwaschene, abstrakte Richtung der Musikauffassung. In die Richtige also.
Mein unbestrittenes Highlight war an diesem Abend allerdings das wahrscheinlich popigste und mit am meisten Vorfreude erwartete Konzert zugleich. Jenes, des aus Versailles stammenden Kollektivs Phoenix nämlich. Deren neue Platte Wolfgang Amadeus Phoenix sorgte bei mir ja schon im Vorfeld für ein Frühlingsgefühl der Sonderklasse. Ich hatte die Burschen vor Jahren, damals noch zufällig, am Southside Festival gesehen und bin seither ein Fan der Franzosen. Auch die Bühne schien wie perfekt gewesen zu sein. Direkt am Meer positioniert, davor ein prallgefüllter Kessel mit Menschen und ein Oval an Sitzplätzen, dahinter eine Segelyacht die easy vor sich her schaukelte. Aufgrund der eher „kleineren“ Bühnen und dem im, Verhältnis zu den Besuchern gesehen, begrenzten Platz davor, spielte am Primavera jede Band im Prinzip vor vollem Haus, was auch aus Sicht der Artisten ein unbeschreibliches Gefühl sein musste. Anerkennung und Wertschätzung der eigenen Darbietung, egal ob man auf den Namen Sonic Youth oder „nur“ Lemonade hört. Phoenix konnte man getrost in die Kategorie der auch in Spanien eine große Fanbase Vorzuweisenden einordnen. Und weil der Timetable des Festivals genauso (bis auf ein paar Kleinigkeiten) perfekt durchdacht war wie der Rest, so war es einem locker möglich sich jede Menge Acts bis zur Schlussnummer anzuschauen, danach noch ein kleines Getränkelos aus den dafür vorgesehenen Automaten auszudrucken, dieses einzulösen und trotzdem ganz vorne zu stehen. Easy going, den ganzen Festivalbesuch lang.
Das einzige, das darunter litt, war die Länge der jeweiligen Slots. Ich würde sie im Durchschnitt mit einer halben Stunde bemessen. Ausnahme waren hier natürlich die Mainacts.

Das französische Gesicht

Auch Phoenix hatten das Privileg länger zu spielen, lieferten uns ein, schätzungsweise zwölf Nummern andauerndes, Hitfeuerwerk ab. Sie warfen gleich zu Beginn eine kunterbunte Bombe auf uns nieder, nach welcher eine „Lisztomania“ ausbrach, jeder am liebsten sofort einen „Long Distance Call“ in die Heimat machen wollte, nur um sich dann wieder in der Zeile „What you say, what you say is way to complicated“ aus „1901“ wiederzufinden. So wie auch auf deren neuer Platte, und ein bisschen zu meiner Verwunderung, platzierten sie „Love like a Sunset“ in ihrem Set in der Mitte. Am Album schon eine Nummer, die den Franzosen eine Herzensangelegenheit zu sein schien, wurde sie auch live in herausragender Manier und in einem wunderbaren instrumentalen Spannungsbogen dargeboten, und am Ende von Thomas Mars schlicht mit nur einer Zeile besungen und gleichzeitig beendet. „Love like a Sunset“ eben. Ein wunderbarer Moment.
Danach noch die ultralange, abgeänderte Version von „If I feel better“ , logischerweise „Run, Run, Run“, „Lasso“, „Fences“ und ein strahlender Repertoire-Mix aus Altem und Neuem. Als Schlussnummer wurde dann (wenn ich mich nicht täusche) „Everything is everything“ gesetzt und ausgeschlachtet bis der Drummer schlussendlich seine Sticks senkrecht in die Snare rammte – als demonstratives Zeichen, dass sie zwar gerne noch eine Stunde spielen würden, aber das ginge ja jetzt nicht mehr so leicht. Ich war danach mindestens genauso beeindruckt wie die Band selbst.

Das psychodelische Gesicht

Die wahren Neuentdeckungen dieses Donnerstags waren meinerseits aber Dead Meadow aus L.A.und Wooden Shjips aus San Francisco. Beides Bands, die das Wort Rock aufs Minimum reduzierten, aber trotzdem mächtig Dampf dahinter packten. Schwer psychodelisch, meist ein stupides, minutenlange nach vorne stolperndes 4/4 Schlagzeug beinhaltend, wo nach schätzungsweise jedem 15 Takt ein Beckenschlag gesetzt wurde. Dazu wenig bis gar kein Gesang. Dead Meadow waren aber noch die melodischeren, mit einer Brise Blues angehauchten, der Beiden. Wiedererkannt hätte ich sie aber aufgrund der Vorab – Listeningsession auch nicht mehr. Wenn dann doch eine lyrische Message vorgetragen wurde, dann sehr unverständlich, was leider des Öfteren auf den eher schwachen Sound zurückzuführen war, in zumindest einem der beiden Fälle aber auf den Zustand der Personen hinterm Mikro. Wer braucht schon singen, wenn man doch auch die in der Mitte der Bühne in Stellung gebrachte Whiskyflasche leeren, und einen Schachtel Zigaretten rauchen kann. Wunderbar. Einfach Augen zu und durch.
Nach soviel Staub in der Lunge brauchte ich aber dringend ein Bier, blöd nur, dass ich zufälligerweise bei der Hauptbühne vorbeikam, wo My Bloody Valentine gerade das Schlussdrittel ihres Konzertes einläuteten. Genauer konnte ich das nicht eingrenzen, da, als ich mich einfand, bereits der Start der wohl heftigsten Shoegazer Rakete schon vollzogen wurde. Dieses, niemals zuvor in so einer Art und Weise vernommene, Soundgewächs, das kurz davor stand, die Anlage in Tausend Stücke zu zerfetzen, war so kaputt, dass es mich schon wieder beeindruckte. In Cape Caneveral mag es wohl komplett ident klingen, nur befindet man sich in sicherer Distanz zum Objekt und das ganze Spektakel ist in wenigen Minuten beendet. Die Urgesteine des Shoegazing wissen aber natürlich, wie man einen Mund schätzungsweise 20 Minuten daran hindert, sich wieder zu schließen. Unglaublich, und so laut, wie ich „Musik“ noch nie zuvor in meinem Leben gehört hatte. Ich wusste ja gar nicht, dass es so laut überhaupt noch geht.

Das verstörte Gesicht

Ponytail holte mich dann wieder auf den Boden der Realität zurück, oder vielleicht war ich da auch schon in einer anderen Galaxy. Auf jeden Fall war das nervöse Herumgekreische von Sängerin Molly Siegel nicht mit meinem Zustand zu vereinbaren. Ich würd es sogar mit „Schrecklich“ bezeichnen.
Drum begab ich mich auf einen Sprung zu Aphex Twin, der einsam und allein auf der Bühne vor sich her schraubte, und sein Set verhältnismäßig chillig begann. Bis ganz zum Schluss konnte ich diesen aber auch nicht verkraften, wanderte daher noch kurz hinüber zu Wavves, welche noch mal eine Soundexplosion auf der Pitchfork Bühne ablieferten, um dann mit dem Nachtbus in mein Bett zu gondeln. Der Einstieg war aber vielversprechend und auf jeden Fall gelungen.

Die Gesichter und mehr gibt´s hier:

PRIMAVERAPIX

Primaverasound Festival - Barcelona / Dia 2


Das freshe Gesicht

Tag zwei startete für mich dann sehr früh. Immerhin war mit Bat for Lashes ein schon lange erwartetes Ereignis am frühen Abend platziert. Der erste Kontakt den ich an diesem späten Nachmittag aber hatte, das war jener mit Andrew King, seines Zeichens Gitarrist der unglaublichen Crystal Antlers. In Anbetracht der tausenden Menschen ein eher witziger Moment.
Erstmals präsentierte sich mir das Gelände auch von der sonnigen Seite und die Britin untermalte dazu das Ganze auch noch perfekt mit ihrer verträumten Musik. So muss sich ein Festival anfühlen. Auch das Outfit von Natasha Khan und die dazugehörige Bühnendeko trugen dazu bei, sich in einer anderen Welt zu glauben. Zusätzlich zu den Gazellen Trophäen und den hundert anderen Gimmicks, fehlte nur mehr der offene Kamin auf der Bühne. Stattdessen gab es aber das Fenster zum Meer. Das war allerdings sperrangelweit offen, und verhalf somit ihrem Stilmix aus Traumchanson, verrücktester Instrumentierung und jeder Menge in den Songs schlummernden Wünschen hinaus Richtung nicht enden wollenden Horizont zu entsenden. Als ich mich dann bei „Moon and Moon“ umdrehte um die Reaktionen des Publikums zu vernehmen, und auch noch den schon leicht am Himmel sichtbaren Mond wahrnahm, da war dies die perfekte Ergänzung. „Daniel“ setzte dann den Schlusspunkt hinter diese, künstlerisch auf allen Ebenen wertvolle, Darbietung. Ein wunderbarer Openingact für einen Tag, der sich dann aber hauptsächlich vor der Pitchfork Bühne abspielen sollte, und somit im Reich der jungen Wilden.

Das crazy Gesicht

Ich machte mich im Anschluss direkt auf den Weg zu den verrückten Vivian Girls, erspähte aber nur mehr drei Songs, dafür aber einen weiteren Crystal Antler. Sexual Chocolate gab bei der Girlsgroup nämlich den Mann am Tambourine und passte hervorragend ins Bild. Das die Mädels ein bisschen außer sich waren hatte dann aber wahrscheinlich doch andere Gründe. Lower als Low-Fi wirkte das Herumgewerke da vor meinen Augen. Als ob man gerade die zweite Stunde der „Wie nehme ich ein Instrument in die Hand – Lektion“ absolviert hatte. Beim letzten Song wurde dann noch fliegender Instrumentenwechsel vollzogen, was erst recht zu einem Chaos führte, ehe man dann mit Knicks die Bühne verließ. Sehr sexy und als schlecht würd ich es dann doch nicht bezeichnen, schon eher als lustig – aber das soll Musik ja auch sein.
Danach verlief ich mich ein bisschen, blieb in ewig langen Gesprächen mit wildfremden Personen hängen, genoss die letzten Sonnenstrahlen und entspannte ein wenig. Nebenbei warf ich einen Blick auf Spiritualized, die ich ja nicht sonderlich gut kannte, die mich aber nicht erst aufgrund ihrer Coverversion von UB40´s „Can´t help falling in love“ überzeugten.
Pünktlich und mit wieder geschärftem Wahrnehmungssinn fand ich mich dann vor der Band wieder, die den wahrscheinlich besten Indie Soundtrack für den bevorstehenden Sommer abliefern.
The Pains of Being pure at Heart. Eine nicht nur aufgrund ihrer Musik durch und durch sympathische Bande. Was mich hier wirklich wunderte, und wo ich teilweise meinen Vorurteilen bezüglich der Musikwahrnehmung der Spanier eines besseren belehrte wurde, war, dass es fast keine Nummer gab, bei der nicht lauthals mitgesungen wurde. Davon waren auch die New Yorker sichtlich beeindruckte, und ließen sich zu Aussagen mit hohen authentischen Emotionswerten hinreißen.
„This is our first time ever in spain, and you all make us incredible happy right now. Thank you so much.“ - Klingt plump, kam aber sichtlich direkt vom Herzen.

Das aller, aller schönste Gesicht

Was ich dann bis zum Beginn der Crystal Antlers machte, das ist mir bis jetzt noch nicht eingefallen. Wenn ich mir den Timetable aber so anschaue, kann ich jeden zu dieser Zeit performenden Act mit hundertprozentiger Sicherheit von meiner Liste der gesehen Gruppen streichen. Irgendwie verblüffend, aber soll so sein. Mit den Gedanken war ich den ganzen Tag sowieso schon bei den Wahnsinnigen aus Long Beach. Das diese dann aber so extrem anfuhren, das war schon schwer zu verkraften. Fegten die Crystal Antlers bis dato zu fünft von einem Gig zum anderen, so verwandelten sie sich aufgrund des seit geraumer Zeit auch live an der zweiten Gitarre hantierenden Errol Davis diesmal zu einem Hurrikan der Stufe Sechs. Unpackbar welchen Schalter diese Herrschaften einfach ohne lang herum zu fackeln vor einem Gig umlegen müssen. Mit den Hand in Hand gehenden Opening-Tracks „Painless Sleep“/„Dust“ rüttelten sie Diejenigen, welche vielleicht noch immer bzw. schon wieder nicht die Augen aufkriegen konnten, ordentlich munter. Der Staub legte sich aber keine Sekunde, im Gegenteil. „Andrew“ wurde angerufen um auch noch den Soul mitzubringen, wodurch alle auch noch anfingen mit den Hüften zu kreisen, während eine Hand permanent nach den Sternen griff. Der Gig mutierte zu einem absoluten Highlight in meiner endlosen Konzertliste. Den besten Schlusssong der neuen Zeitrechnung im Rock´n´Roll hatten sie mit „Parting Song for the torn sky“ ja sowieso schon auf ewig und einen Tag inne. Dass sie dann auch noch die komplette Vivian Girls Belegschaft plus die mitgereisten Freunde als Verstärkung auf die Bühne holten, dass wird so schnell nicht mehr passieren, schon gar nicht in Spanien. Das Konzert endete somit also im programmierten Donnerwetter, mich streifte ein Blitz und dem Herrn neben mir ging im wahrsten Sinne des Wortes einer ab. Was sollte da noch kommen, außer dem üblichen Pfeifen in den Ohren.

Das bärtige Gesicht

The Mae Shi zum Beispiel. Doch alles was jetzt noch folgte, egal wie grundlegend unterschiedlich die Musik auch sein mochte, wurde automatisch an dem Sextett von der Westküste gemessen. Drum werde ich dieses Konzert auch nur als eine Gradwanderung zwischen Geniestreichen, und absolut für mich unvertretbaren Wahnsinn im negativen Sinn, beschreiben.
Außerdem wartete Jarvis Cocker ja schon auf der Estrella Damm Bühne, der Größten des Festivals. Den kannte ich zwar auch nur flüchtig, das neue Album hatte sich aber dank Freund Ostermann noch rechtzeitig zur Dauerrotation in meine Playlist geschlichen. Und obwohl uns wirklich viele Acts einen eher verwaschenen Sound auftischten, eine Sache auf die ich auch noch keine Antwort gefunden habe, so glänzte Kollege Cocker mit dem genauen Gegenteil. Glasklar, kräftig und eigentlich das homogenste Konzert abliefernd, präsentierte sich der Ex-Pulp. Hier konnte man alles wieder finden. Er zeigte uns, dass man auch auf der winzigsten E-Gitarre den straightesten Blues spielen kann, ließ das Teil kreischen, erschuf mit „Leftovers“ den perfekten Song um sich gegenseitig im Reich der Zärtlichkeiten austauschen zu können, stolperte salopp mit dem Mikro in der Hand über die Bühne, und auch das ihm sein Discooutfit gut stand, präsentierte er uns im vorbeigehen. Nebenbei lernte ich zusätzlich zu „Andrew“ und „Daniel“ auch noch „Angela“ kennen. Wunderbar, und somit war die Runde fast komplett. Dass dies alles vom stilsichersten Abgefuckten kam, das war schon ziemlich lässig. Und weil ich mich so wohl fühlte in seiner Nähe, zog Shellac leider den Kürzeren.

Das zerstörte Gesicht

Danach ging bei mir nicht mehr viel, verbündete ich mich mit einem Fotografen und wir machten gemeinsam das Gelände ein bisschen unsicherer. Bloc Party würdigte ich dann aber doch noch einen kurzen Abstecher. Jedoch ohne jegliche Erwartungshaltung, war dann aber positiv überrascht, obwohl das Publikum schon sichtlich erledigt zu sein schien. Kele Okereke hatte jedenfalls so seine Mühe ein paar Funken überspringen zu lassen.
Dann war aber endgültig Schluss mit Gitarren. Kam ja in letzter Zeit nicht sehr oft vor, dass ich mir gleich mehrere Stunden am Stück Bands im klassischen Sinn angesehen hatte. Viel eher beschränkte sich das auf zwei Turntables und technoide Beats. Drum beendete ich meine Phase des Aufnehmens und Verarbeitens, holte die Segel und den Anker ein und ließ mich ein bisschen treiben. Als dann gegen sechs Uhr Morgens Michael Mayer seine letzten Tunes durch die Boxen jagte, da begrüßten uns schon wieder die ersten hellen Fetzen am Himmel. Guten Morgen Spanien und diesmal ging´s mit der Metro ab in die Federn.

Die Gesichter und mehr gibt´s hier:

PRIMAVERAPIX

Primaverasound Festival - Barcelona / Dia 3


Das undefinierbare Gesicht

Ich registrierte am Samstag erst so richtig, dass ich ja schon zwei Tage überstanden hatte. Spurlos an mir vorbeigegangen waren diese, obwohl ich die Zügel ziemlich kurz hielt, aber dann doch nicht. Drum beschloss ich es wieder einmal ein wenig lockerer anzugehen, was dann aber sowieso von alleine passierte. Durch den späten Start, grenzte sich auch die Liste der zu sehen wollende massiv ein.
Neil Young spielte bis dato in meinem Leben auch nicht wirklich eine Rolle, und fast hätte das zum Umstand geführt, dass ich ihn auch noch sausen hätte lassen. Dann war ich aber schon ziemlich happy, als ich zumindest eine gute Stunde seines Sets zu Ohren bekam. Der Sound war, sicherlich mit Jarvis´, der Beste des ganzen Festivals. Seine Show würde ich als absolut authentisch bezeichnen, seine Stimme zu Recht als ein immer noch explosives Organ, sein Gesicht allerdings als undefinierbar. Das Vorankommen an diesem Tag fiel einem aber merkbar schwerer, was nicht auf die schon kapitulierenden Füße, sondern auch auf das Mehr an Besuchern zurückzuführen war. Auch der Altersschnitt lag ein paar Jahre über den der letzten Tage, und Sonic Youth Shirts avancierten zum Mode Accessoire Nummer eins. Generell handelte es sich aber schon die letzten Tage über um ein schön anzusehendes Phänomen, weil es ein solches lockeres Miteinander so vieler Altersklassen bei uns einfach niemals geben wird – genauso wie so ein Festival. Ich holte mir diesbezüglich mit einem kleinen Fotoprojekt auch noch die absolute Gewissheit, und bekam auf meine doch eher ungewöhnlichen Fragen immer ein strahlendes „Si, por que no“ zurück.
Es wäre müßig jetzt noch viele Worte über Hr. Young zu verlieren, dass es sich trotzdem cool anfühlte „Rockin´ in a free world“ mal nicht von der Zweitstimme Eddie Vedder´s zu hören, das gehört dann aber schon erwähnt. Und ja Carlos, da hätt ich dich gern neben mir stehen gehabt. Wie der Gute dann aber beim letzten Song mit einem gekonnten Riss die Seiten von seiner Gitarre abfädelte, das hab ich dann doch nicht verstanden. Wahrscheinlich fehlen mir da die Jahre und die Kenntnis dieses Instrument.

Das wohl verrückteste Gesicht

Und weil Deerhunter gleich gegenüber spielten, schaute ich dort auch noch vorbei. Die waren dann auch eines meiner Highlights beim Primaverasound. Warum genau das weiß ich nicht, ich konnte mich aber einfach nicht mehr von dieser Bühne entfernen. Ziemlich fesselnd war dieser bekiffte Sound, den sie, seelenruhig auf der Bühne stehend, an uns weiterreichten. Nur dem lästigen Kamerakran vor der Bühne musste ich mich geschlagen geben. Ja, nicht mal umstellen wollte ich mich. Machte aber nix, zu sehn gab´s da eh nicht wirklich etwas.
Dann folgte ich dem Rat eines ziemlich aufgedrehten Londonders, mit welchem ich am Vortag einige Zeit abgehangen hatte. Naja, Lomo und Holga passen einfach gut zu einander. Punkto Style kann ich mit einem Schwarzen natürlich nicht mithalten, noch dazu wenn seine Kamera nicht in den üblichen Ostblockfarben bestach, sonder in heftigstem Silber aus einem reizenden Ledertascherl glänzte. Ich müsse mir unbedingt Gang Gang Dance anschauen meinte der. Seine Worte in meine Ohren, und gut war es. Denn was ich da zu Gesicht bekam, das konnte ich plötzlich auf die Selbe Stufe stellen, wie die Crystal Antlers. Allerdings einem anderen Genre zugeordnet.
Unglaublich was diese Partie für Power versprühte. Irgendetwas ging da auf alle Fälle nicht mit rechten Dingen zu, und allein schon der einsame vor der Band herum hüpfende Asiate (der aber offensichtlich doch zum Tour Tross gehörte) bekräftigte meine Vermutungen. Hier regierte das Tanzbein, die Menge tobte und die einzelnen Mitglieder hatten auf der Bühne alle Hände voll zu tun. Eine Unzahl von elektronischem Wirrwarr, Effektgeräte, blinkende Reglertürme und logischerweise Synthies, häuften sich rund um die charismatische Frontfrau. Das diese nebenbei noch so perfekt im Einklang mit dem besten Drummer den ich auf diesem Festival gesehen hatte ihre Kongas und Stand-Toms bediente, das verhalf den schon unpackbar knackig gespielten Beats zu einer noch viel immenseren Eingängigkeit. Nicht mehr aus meinen Kopf zu kriegen sind seither Nummern wie „House Jam“ oder „Desert Strom“.
Ich hatte danach schon richtig Angst von Simian Mobile Disco enttäuscht zu werden. Und obwohl ich dieses Duo schwer bewundere, so interessierten sie mich an diesem Abend tatsächlich gar nicht mehr so. Irgendwie haute das zwar mächtig rein, die i-Pünktchen auf Simian fehlten aber, da konnte auch die wirklich wunderbare Darbietung von „I Believe“ nichts daran ändern. Ansonsten kann man sich eine SMD Show wie das bekannte Spielchen „Reise nach Jerusalem“ vorstellen. Statt einem Sessel gibt’s aber eine wild blinkende Kommandozentrale in er Mitte der Bühne, und sitzen ist sowieso verboten. Wie viel Show das Ganze dann letztendlich beinhaltet, das kann ich nicht sagen, aber eigentlich war ich ja schon auf den Weg zu einem weiteren, lange erwartenden Happening.

Das schwarze Gesicht

Die Black Lips aus Atlanta gaben uns um drei Uhr Morgens nämlich auch noch die Ehre. Die waren ja meine Entdeckung nach dem letztjährigen Benicassim und werden für mich daher immer eine Sommer Band bleiben. Allerdings die Kaputteste von allen. Leider versagte hier der Schlagzeug – Sound auf allen Ebenen. Jeder Schlag hörte sich so richtig schrecklich an und auch wenn das vielleicht alles ein bisschen vintage klingen sollte, so hatte man einen gewissen Punkt überschritten. Eine beachtliche Menge fühlte sich wohl aufgrund eines Songtitels der neuen Platte dem angesprochenen Thema gegenüber ebenfalls zu etwaigen Übertreibungen animiert. Songs wie „Short Fuse“ oder „Starting Over“ funktionieren nämlich auch schon im Normalzustand ganz gut.
Danach war für mich das Festival als Beobachter aber endgültig zu Ende, galt es nur noch einmal ordentlich bei A-Trak und Dj Mehdi abzufeiern, was dann auch wunderbar klappte.

Bleibt eigentlich nur noch zu sagen: Ein wunderbares Festival, das nicht zuletzt aufgrund seiner verschiedenen Gesichter so richtig Spaß machte.
Ich werde dann einfach mal schauen was das Leben bis zum nächsten Festival so mit mir vor hat. Hören wird man sich allerdings schon wieder in Kürze.

Und noch das verweinte Gesicht

Und all jenen, die noch auf der Suche nach einem Erlebnis für die Geschichtsbücher kommenden Sommer sind, denen sei der 19.8.2009 wärmstens empfohlen. An diesem Tag steigt in der Arena Wien nämlich ein Abend unter dem Motto "Veni Vidi Vice", wo sicherlich kein Auge trocken bleiben wird. Zumindest kommen mir schon jetzt die Tränen, dass ich diese Nacht mit den Black Lips, den Crystal Antlers, Deerhunter und Glint versäumen werde.

*thez*

Diesen Artikel widme ich meinem Freund G. und seiner Familie. In Gedanken bin ich bei euch.

Die Gesichter und mehr gibt´s hier:

PRIMAVERAPIX

Sonntag, 31. Mai 2009

Malajube - 22.05.2009 - B72


Der Tag an dem Malajube ihr Labyrinth mit Schweiß fluteten. Nach uns die Sinnflut.

Rotation

Manchmal kann ich nicht nur die Welt nicht verstehen, sondern auch mich nicht. So geschehen, vor ein paar Stunden. Und was sich jetzt wieder auftut, das ist die Frage nach dem Sinn bzw. dem Grund. Alles muss und soll man aber nicht hinterfragen hat mir jemand mal gesagt, dessen Worte mich schon oft zwischen Resignation und Frühlingsgefühlen schweben haben lassen. Und genau das ist das Problem. Naja, „System Failure“ würde Jack singen, vielleicht renn ich aber auch noch immer im Labyrinth spazieren, dass sich am Freitag eigentlich noch als ein verdammt chilliges offenbart hatte. Und dann denk ich wieder an jenen Abend, an die Truppe, und weiß, dass eh alles richtig ist was ich so aufführe mit dem hier und jetzt. Übrigens – schon mal einen Polizisten getroffen, der Malajube kennt?? Nein?!! Na dann warte mal ab, wenn dich erst mal dein Dad aufklärt von wo die eigentlich kommen.

Unplugged am Gürtel

Ich war ein paar Minuten zu früh, machte aber nix. Und weil es mich nicht gleich zur Bar zog, schaute ich mir den Bogen 72 einmal von der andere Seite an. Dass genau dort, irgendwo zwischen Ziegelviadukt, Rollladen und Radweg die vier Kanadier von Malajube gerade eine Unplugged Session zum Besten gaben, damit konnte ja keiner rechnen. Beschweren tut man sich natürlich nicht über so eine exklusive Einlage, vielmehr führte das alles nur dazu, dass meine Vorfreude aufs eigentliche Konzert ein paar Stufen nach oben kletterte.
Labyrinthes heißt die neue Platte der vier Burschen aus Québec, und wiedermal ist der Name grad Programm in meinem Leben, kann ich mich hundertprozentig damit identifizieren. Ein Irrgarten der Gefühle. Mit dem Unterschied, dass es mir bei der LP nichts ausmacht, ein paar Stunden am Stück blind durch die enggebauten Gassen zu huschen. Der Titel wurde übrigens gewählt, weil man sich ein Jahr lang von der Bildfläche zurückgezogen hatte, nur ab und an mal einen kleinen Gig in irgendeiner Bar spielte und sich im Laufe dieser Zeit dermaßen viel Songs angesammelt hatten, dass man sich nicht mehr zurecht fand. Sehr vieles wurde im Endeffekt dann wieder verworfen, die nächste Platte scharrt aber schon in den Startlöchern, wird im Anschluss der laufenden Tour eingespielt werden. Das letzte Album wurde übrigens in den selben Räumlichkeiten aufgenommen, deren Wände auch schon der Stimme Elvis´ lauschten.
In Österreich waren sie zuletzt im Jahre 2007, damals noch im Chelsea. Umso verwunderlicher, dass sie diesmal ins B72 runter degradiert wurden. Bassist Mathieu Cournoyer antwortete mir auf die Frage der scheinbar immer kleiner werdenden Locationsituation in Wien mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen und nach oben gezogenem Schnauzer, dass er sowieso mal mit dem Booker reden müsse. Es mache ihnen aber nichts aus in so kleinen Clubs zu spielen, viel mehr sind sie glücklich wieder in Österreich zu sein. Außerdem seien intimere Gigs sowieso die bevorzugten. Ich kann mir Malajube mittlerweile in einem großen Rahmen ja auch gar nicht mehr vorstellen.

Hells Bells

Dann fiel endlich der Startschuss für das große Verrennen. Das B72 war voll gesteckt, mutierte an jenem Abend zum Inn-Treff für Leute, denen geregeltes Vorankommen auf ausgeschilderten Straßen genauso ein Gähnen ins Gesicht reißt, wie mir bei Geschichten über Spongebob. Schön brav folgte man der von den vier Kanadiern gelegten Spur, die doch prompt in ein Stimmungshoch führte. Und als dann „Ursuline“ gleich beim ersten Song des Abends meine Hand nahm und anfing zu laufen, da fühlte sich das richtig gut an. Hinein in ein komplexes System, in ein Dickicht verträumter französischer Gesangswelten, das hinter jeder Ecke mit einer neuen Überraschung auf uns wartete. Nachdem am Ende der Nummer live dann nicht die Glocken vom nahegelegenen Friedhof erklangen und mich aus dem Gefühlstaumel dieser undefinierbaren Parallelwelt zurückholten, blieben die Augen einfach geschlossen.

Es ist schwieriger als normal ein Konzert in Worte zu fassen, dessen Themenlandschaft man nicht versteht, wo einem rein die Musik zu sagen scheint, was der Grund für den Besuch ist. Klebt man aber seit Jahren im Spinnennetz von Malajube, dann ist dem gar nicht mehr so. Man braucht nur wiederzugeben was eine Stunde lang so auf die fantastischste Festplatte des Universums niedergeschrieben worden war. Nur, wo fängt man an mit seinen Worten?
Ich würde Malajube als ein wahrliches Phänomen bezeichnen, als eine Band, die sich so relaxt und unbeeindruckt gibt, die scheinbar gar nicht erahnt, was für eine Freude sie einem machen mit ihrer Anwesenheit. Zugegeben, die Songs wirken auf Platte wie das perfekteste Stück Musik, wie der Soundtrack für eine Million von Momenten. Live kommt dann auch noch dieser so wichtige, emotionale Faktor zu tragen, die Gefühlswelten der Malajube´s sozusagen, die wahren Menschen hinter dem Stück Plastik, das man in den Händen hält, anschaut und dabei leicht seinen Kopf schüttelt, weil es sowas ja gar nicht wahrhaftig geben kann. Es wird brachialer zu Werke geschritten, Nummern fließen selten ineinander, stehen meist als Eigenständige Teile im Raum, werden auch nach minutenlangem Dahinreiten auf meterhohen Progwellen zu einem nicht immer definierbaren Ende gebracht. Also gegen vielleicht aufkeimenden Erwartungen. Blitzartige, hochamperige Stromstöße werden mit nur wenigen Tastenanschlägen der Moog´s und Korg´s in kälteste, den ganzen Körper überziehende Wohlfühlschauder umgewandelt, Popsongs die einem dahinschmelzen lassen mutieren zu Hardcorenummern im eigentlichen Sinn. Der Drummer peppte sein Set mit einer Unzahl von Ghostnotes auf, setzte Fills anders als auf Platte und für jemanden wie mich, der immer ein Auge mehr aufs Schlagzeug wirft, war das schon großes Kino. Nebenbei wand sich Sänger Julien elegant von einer weißen Schuhkappe auf die Nächste, schlängelte sich fast einen Knoten in die Beine und verschob die schrägsten Akkorde auf der im Schweiß gebadeten SG. Das alles wirkte aber so authentisch und leicht von der Hand gehend, dass es, wenn man sich ohne Furcht diesem Labyrinth hingab, einem fast auch noch die Stimme verschlug.
Genau so war es aber am leichtesten die gelegte Fährte der Kanadier zu verfolgen, von Compte Complet, dem ersten Album, durch die Scheinwelten von Trompe-l´Oeil, bis eben in die dunkelsten Winkeln von Labyrinthes. Und als dann mein wohl musikalisch sehnlichster Wunsch an diesem Abend, die Liveperformance von meinem derzeit für so viele Sachen stehende Track, „Christobald“ nämlich, in Erfüllung ging, da war ich sicherlich einer der Glücklichsten im Raum. Von dieser Mars Volta´schen Snare/Tom - Kombination, diesen Stickschlägen auf die Bell des Ridebeckens und dem Druck, den diese Nummer live zu erzeugen vermochte, werde ich wohl noch vielen Freunden die Ohren vollsingen.

Wundertüte

Nach dem Konzert bekam ich dann noch eine kleine Anekdote aus dem Kanadischen Tourbuch zu hören. So war der Weg vom Überraschungskonzert in Graz nach Wien mit genau so einer gepflastert. Normalerweise, so erzählte mir Mathieu, hätte man als Band immer nur in Deutschland die üblichen Probleme mit den strengen Herren in Uniform, welche so gar nicht kapieren wollen, welche Maßnahmen man auf Tour anwendet um ein bisschen zu entspannen. In Österreich war es dann aber diesmal auch so weit. Dass einer der Polizisten dann aber tatsächlich Malajube kannte, sie gar nicht so schlecht fand und zufälligerweise noch keinen Tonträger im Regal stehen hatte, das sorgte dann, unglaublich aber wahr, zu einem reibungslosen Ablauf der Amtshandlung. Da sagen wir doch im Kollektiv danke, und haben ab jetzt die Gewissheit, dass auch in Polizeiautos Alternative Radiosender empfangen werden können. Das gehört ja dann förmlich mit einer Spaßzigarette gefeiert.
Und ob das nicht schon genug Verwunderung an einem Tag wäre, so erzählte mir die Dame mit dem unglaublichen Gespür fürs perfekte Bild, dass ihr Dad heute sogar bei einer kurzen Diskussion bezüglich der Herkunft von Malajube mit Insiderwissen glänzte. Weiß ja wohl wirklich jeder, dass die Burschen aus Kanada kommen. Unglaublich, und das noch mit Stil.

Artig

Für Liebhaber des DIY Gedankens sei noch gesagt, dass auch das Cover der aktuellen Platte von Sänger Julien entworfen wurde. Und auch wenn es auf en ersten Blick mit dem Artwork von Trompe-l´Oeil nicht mithalten kann, so beachte man bitte, dass Labyrinthes Übersee mit einem feinen Strukturcover zu erwerben ist, was das ganze natürlich auf eine künstlerisch andere Eben hievt. In Europa wurde diesmal leider auf einen Vinyl-Release verzichtet. Das Minus der letzten Platte muss ja nicht auch noch übertroffen werden.

Peace und noch mehr Love vom *thez*

alle Fotos gibts hier:

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