Freitag, 5. Juni 2009

Primaverasound Festival - Barcelona / Dia 3


Das undefinierbare Gesicht

Ich registrierte am Samstag erst so richtig, dass ich ja schon zwei Tage überstanden hatte. Spurlos an mir vorbeigegangen waren diese, obwohl ich die Zügel ziemlich kurz hielt, aber dann doch nicht. Drum beschloss ich es wieder einmal ein wenig lockerer anzugehen, was dann aber sowieso von alleine passierte. Durch den späten Start, grenzte sich auch die Liste der zu sehen wollende massiv ein.
Neil Young spielte bis dato in meinem Leben auch nicht wirklich eine Rolle, und fast hätte das zum Umstand geführt, dass ich ihn auch noch sausen hätte lassen. Dann war ich aber schon ziemlich happy, als ich zumindest eine gute Stunde seines Sets zu Ohren bekam. Der Sound war, sicherlich mit Jarvis´, der Beste des ganzen Festivals. Seine Show würde ich als absolut authentisch bezeichnen, seine Stimme zu Recht als ein immer noch explosives Organ, sein Gesicht allerdings als undefinierbar. Das Vorankommen an diesem Tag fiel einem aber merkbar schwerer, was nicht auf die schon kapitulierenden Füße, sondern auch auf das Mehr an Besuchern zurückzuführen war. Auch der Altersschnitt lag ein paar Jahre über den der letzten Tage, und Sonic Youth Shirts avancierten zum Mode Accessoire Nummer eins. Generell handelte es sich aber schon die letzten Tage über um ein schön anzusehendes Phänomen, weil es ein solches lockeres Miteinander so vieler Altersklassen bei uns einfach niemals geben wird – genauso wie so ein Festival. Ich holte mir diesbezüglich mit einem kleinen Fotoprojekt auch noch die absolute Gewissheit, und bekam auf meine doch eher ungewöhnlichen Fragen immer ein strahlendes „Si, por que no“ zurück.
Es wäre müßig jetzt noch viele Worte über Hr. Young zu verlieren, dass es sich trotzdem cool anfühlte „Rockin´ in a free world“ mal nicht von der Zweitstimme Eddie Vedder´s zu hören, das gehört dann aber schon erwähnt. Und ja Carlos, da hätt ich dich gern neben mir stehen gehabt. Wie der Gute dann aber beim letzten Song mit einem gekonnten Riss die Seiten von seiner Gitarre abfädelte, das hab ich dann doch nicht verstanden. Wahrscheinlich fehlen mir da die Jahre und die Kenntnis dieses Instrument.

Das wohl verrückteste Gesicht

Und weil Deerhunter gleich gegenüber spielten, schaute ich dort auch noch vorbei. Die waren dann auch eines meiner Highlights beim Primaverasound. Warum genau das weiß ich nicht, ich konnte mich aber einfach nicht mehr von dieser Bühne entfernen. Ziemlich fesselnd war dieser bekiffte Sound, den sie, seelenruhig auf der Bühne stehend, an uns weiterreichten. Nur dem lästigen Kamerakran vor der Bühne musste ich mich geschlagen geben. Ja, nicht mal umstellen wollte ich mich. Machte aber nix, zu sehn gab´s da eh nicht wirklich etwas.
Dann folgte ich dem Rat eines ziemlich aufgedrehten Londonders, mit welchem ich am Vortag einige Zeit abgehangen hatte. Naja, Lomo und Holga passen einfach gut zu einander. Punkto Style kann ich mit einem Schwarzen natürlich nicht mithalten, noch dazu wenn seine Kamera nicht in den üblichen Ostblockfarben bestach, sonder in heftigstem Silber aus einem reizenden Ledertascherl glänzte. Ich müsse mir unbedingt Gang Gang Dance anschauen meinte der. Seine Worte in meine Ohren, und gut war es. Denn was ich da zu Gesicht bekam, das konnte ich plötzlich auf die Selbe Stufe stellen, wie die Crystal Antlers. Allerdings einem anderen Genre zugeordnet.
Unglaublich was diese Partie für Power versprühte. Irgendetwas ging da auf alle Fälle nicht mit rechten Dingen zu, und allein schon der einsame vor der Band herum hüpfende Asiate (der aber offensichtlich doch zum Tour Tross gehörte) bekräftigte meine Vermutungen. Hier regierte das Tanzbein, die Menge tobte und die einzelnen Mitglieder hatten auf der Bühne alle Hände voll zu tun. Eine Unzahl von elektronischem Wirrwarr, Effektgeräte, blinkende Reglertürme und logischerweise Synthies, häuften sich rund um die charismatische Frontfrau. Das diese nebenbei noch so perfekt im Einklang mit dem besten Drummer den ich auf diesem Festival gesehen hatte ihre Kongas und Stand-Toms bediente, das verhalf den schon unpackbar knackig gespielten Beats zu einer noch viel immenseren Eingängigkeit. Nicht mehr aus meinen Kopf zu kriegen sind seither Nummern wie „House Jam“ oder „Desert Strom“.
Ich hatte danach schon richtig Angst von Simian Mobile Disco enttäuscht zu werden. Und obwohl ich dieses Duo schwer bewundere, so interessierten sie mich an diesem Abend tatsächlich gar nicht mehr so. Irgendwie haute das zwar mächtig rein, die i-Pünktchen auf Simian fehlten aber, da konnte auch die wirklich wunderbare Darbietung von „I Believe“ nichts daran ändern. Ansonsten kann man sich eine SMD Show wie das bekannte Spielchen „Reise nach Jerusalem“ vorstellen. Statt einem Sessel gibt’s aber eine wild blinkende Kommandozentrale in er Mitte der Bühne, und sitzen ist sowieso verboten. Wie viel Show das Ganze dann letztendlich beinhaltet, das kann ich nicht sagen, aber eigentlich war ich ja schon auf den Weg zu einem weiteren, lange erwartenden Happening.

Das schwarze Gesicht

Die Black Lips aus Atlanta gaben uns um drei Uhr Morgens nämlich auch noch die Ehre. Die waren ja meine Entdeckung nach dem letztjährigen Benicassim und werden für mich daher immer eine Sommer Band bleiben. Allerdings die Kaputteste von allen. Leider versagte hier der Schlagzeug – Sound auf allen Ebenen. Jeder Schlag hörte sich so richtig schrecklich an und auch wenn das vielleicht alles ein bisschen vintage klingen sollte, so hatte man einen gewissen Punkt überschritten. Eine beachtliche Menge fühlte sich wohl aufgrund eines Songtitels der neuen Platte dem angesprochenen Thema gegenüber ebenfalls zu etwaigen Übertreibungen animiert. Songs wie „Short Fuse“ oder „Starting Over“ funktionieren nämlich auch schon im Normalzustand ganz gut.
Danach war für mich das Festival als Beobachter aber endgültig zu Ende, galt es nur noch einmal ordentlich bei A-Trak und Dj Mehdi abzufeiern, was dann auch wunderbar klappte.

Bleibt eigentlich nur noch zu sagen: Ein wunderbares Festival, das nicht zuletzt aufgrund seiner verschiedenen Gesichter so richtig Spaß machte.
Ich werde dann einfach mal schauen was das Leben bis zum nächsten Festival so mit mir vor hat. Hören wird man sich allerdings schon wieder in Kürze.

Und noch das verweinte Gesicht

Und all jenen, die noch auf der Suche nach einem Erlebnis für die Geschichtsbücher kommenden Sommer sind, denen sei der 19.8.2009 wärmstens empfohlen. An diesem Tag steigt in der Arena Wien nämlich ein Abend unter dem Motto "Veni Vidi Vice", wo sicherlich kein Auge trocken bleiben wird. Zumindest kommen mir schon jetzt die Tränen, dass ich diese Nacht mit den Black Lips, den Crystal Antlers, Deerhunter und Glint versäumen werde.

*thez*

Diesen Artikel widme ich meinem Freund G. und seiner Familie. In Gedanken bin ich bei euch.

Die Gesichter und mehr gibt´s hier:

PRIMAVERAPIX

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