Mittwoch, 13. Mai 2009

...and You Will Know Us by the Trail of Dead - 7.5.2009 - WUK/Wien


Eine Führung abseits der bekannten Pfade, und trotzdem führen alle Wege scheinbar mitten ins Herz - Conrad Keely & Konsorten und der Weg „Back to the Roots“

Ende gut……


Irgendetwas musste schiefgelaufen sein an besagtem Donnerstag. Entgegen allen Prognosen aus der Progressive-Wetterstation war weit und breit keine dunkle Wolke zu sehen, sogar Singvögel begleiteten mich auf den Weg zur Location und der angekündigte Orkan sorgte offensichtlich wo anders für zersauste Frisuren. Scheinbar auf Zehenspitzen musste sich das Kollektiv aus Texas bzw. mittlerweile New York in die Stadt geschlichen haben. Und weil ihnen „Fucking Europe“ und im speziellen „Vienna“ so gut gefällt, wurde sogar überlegt, ob nicht noch ein zusätzlicher Tag zwecks Kultur und Interessenbefriedigung eingelegt werden sollte. Der Tourplan ließe es zu, und nachdem am Vortag in Prag nicht mal die Zeit ausreichte, um die Dali Ausstellung zu besuchen, brauchte man ein kulturelles Trostpflaster. Conrad Keely antwortete mir auf diese Frage jedenfalls mit einem Leuchten in den Augen, er wisse nur nicht wo er an lediglich einem Tag seinen Kunsttrieb sättigen sollte. Ein paar Minuten später verschwand dann ein vollgekritzeltes Post –It im schweren Ledergeldbörsel. Ein Problem weniger, sehr fein. „Thanks, and take it easy man!“ – Klar doch, werd mich bemühen. Aber da war doch noch was, abgesehen vom höllischen Pfeifen in meinen Ohren.

Anfang auch gut…

Ein wenig überrascht schaute ich drein, also ich meine erste Runde durch den chilligsten Innenhof Wiens drehte. Reger Andrang schaut an Ort und Stelle normalerwiese anders aus. Auch Abendkassa gab es noch zur Genüge. Da soll sich noch einer auskennen. Vor zwei Wochen, am selben Ort des Geschehens, allerdings um spontan ein (wie ich hörte wunderbares) Konzert zu besuchen, endetet der Abend noch ohne Karte, dafür mit zu vielen Weißweinen gespritzt und jeder Menge Rauch in der Lunge. Im Nachhinein gesehen ist alles aber trotzdem so gekommen, wie es besser nicht sein hätte können. Das Leben regelt die Sachen nämlich wie es sie als richtig befindet. Meistens.

Nachdem dann die Stempelfrage – „Wos soi des sei, a Ausschlog??“ – auch geklärt war, konnte einem feinen Reigen nichts mehr im Wege stehen. Und wenn ich den Abend so Revue passieren lasse, stelle ich fest, dass mit Gringo Star die wahrscheinlich passendste Vorgruppe den ersten Ton im Wiener WUK angegeben hatten. Das Quartett aus Atlanta überzeugte mit ihrer Herangehensweise den Taktstock zu schwingen. Psychodelischer, schweißtreibender, allerdings mit einer fetten Brise Blues versehener Rock. Insgesamt „Two and a half weeks“ haben sie das Vergnügen, den Opening Slot für Trail of Dead bestreiten zu dürfen. Dann geht’s weiter auf die Insel, wo sie im Vorprogramm der wunderbaren Black Lips für Furore sorgen werden, wie mir Sänger Nicholas Furgiuele verriet. Na grüß Gott, da schließen sich ja wieder die Kreise und ein gemeinsames Thema war somit ebenfalls gefunden. Denn wenn man die Black Lips mal live gesehen hat, dann weiß man bestens bescheid. Von dem her handelte es sich bei Gringo Star offensichtlich um die perfekten Tourbegleiter für jegliche, von mir geschätzten Bands.
In Wien seien sie übrigens zum ersten Mal, man werde in Zukunft aber von sich hören lassen. Na das hoffen wir doch mal ganz stark – würden sich nur alle Bekanntschaften so sympathisch präsentieren wie diese riesige rockende Reisegruppe aus den US of A.

Souveränes Terrain

Dann betraten die Gladiatoren die Bühne. Ein kurzer Gruß mit der Hand, der Griff zu den Instrumenten, jeder bezog Position, und ab ging die Post. Das WUK war mittlerweile voll, jedoch noch nicht so mühsam erschöpft wie man es z.B. von einem Shantel - Gig gewohnt sein mag.
Ein Trail of Dead Konzert zu besuchen, das gehört immer wieder zu einem Highlight in meinem doch sehr umfangreichen Konzertkalender. Sie zählen nämlich zu jener Sorte von Band, die aufgrund ihrer konzeptionell angelegten Alben, Letzteres wurde wieder im Kollektiv eingespeilt, eine nahezu 1:1 Live - Umsetzung genau dieser schaffen. Hier gehören minutenlange Aufgänge und Interludes genauso zum fixen Bestandteil der Show wie der in Bächen vom Gitarrenhals fließende Schweiß. Vom ersten Saitenschlag an fügte sich alles so homogen ineinander, dass man zeitweise darauf vergessen hätte können, sich auf einem Konzert zu befinden. Es wurde ein Spannungsbogen aufgebaut, der im Zuge des Abends des Öfteren so ausgereizt wurde, dass man zu glauben vermochte, irgendetwas müsste dieser Spannung jetzt nachgeben, um wieder ein natürliches Gleichgewicht herzustellen.

Gurtpflicht

Die Show wurde, wie eigentlich auch von mir erwartet, mit „Giants Causeway“ und „Far Pavillons“, den beiden im Doppelpack funktionierenden Eröffnungstracks der neuen Platte, eingeläutet. Nach knapp zehn minütiger Akklimatisierungsphase hieß es dann den Gurt enger zu schnallen, denn mit „It was there that I saw You“ ging es auf eine Zeitreise ins Jahre 2002. Jason Reece war schon im Multitasking-Modus, pendelte zwischen Gitarre incl. Gesang und dem diesmal Gott sei dank wieder komplett vorhandenem zweiten Schlagzeug Set. Das Sextett wirkte sehr frisch, goss mit der Singleauskopplung „Isis Unveiled“, eine ihrer scheinbar unendlich vielen stärksten Nummern, auch gleich nochmal ordentlich Hochprozentiges ins Feuer. Das Stück, auf Platte schon eine Oper von knapp sieben Minuten, wurde live auf gefühlsmäßige fünfzehn ausgedehnt, entfachte mit Hilfe dieses so simplen aber durch Mark und Bein gehende Bass – Aufbaus immer wieder von neuem, um uns auch noch das restliche Ohrenschmalz aus den Gehörgängen zu brennen. Einzig das Vibra Slap am Ende des Stücks fehlte mir so richtig, dafür gab es aber den nahtlosen Übergang in „Homage“, einer brachialen, für mich immer wieder schwer nach At the Drive-In klingenden, Nummer, ebenfalls vom Source, Tags & Codes Album der Band.
Mit „Bells of Creation“ gingen es Trail of Dead dann ein wenig melancholischer an. Allerdings nur anfangs, denn als beim Refrain der Drummer erstmals die Sticks über die Toms rollen ließ, war es auch schon wieder vorbei mit der himmlischen Stimmung, die uns diese Nummer verkaufen sollte. Von den fünf, wahrscheinlich schnellsten jemals gehörten, Single - Bassdrum Kicks in Serie, traue ich mich gar nicht anfangen zu sinieren.

Fresh Air

Danach folgte mit „Will You Smile Again“ ein mittlerweile Klassiker vom viel gelobten Album Worlds Apart. Hier galoppierten die beiden Drumkits scheinbar um die Wette, wurden verdroschen als ob es kein Morgen gäbe. Spätestens jetzt musste es das geilste Gefühl sein in dieser Band zu spielen. Auch vor der Bühne wurde es jetzt erstmals so richtig laut und eng. Mitgröhl – Attacken, Schweiß auf Gänsehaut, Ellbogen im Genick, und endlich wusste ich zumindest wieder ansatzweise, warum ich seit jeher auf Konzerte gehe. Conrad Keely verlor sich danach in „Relative Ways“, und als beim darauffolgenden „Caterwaul“ Jason Reece seinen Arbeitsplatz kurzerhand von der Bühne in die Menge verlegte, untertauchte und nur mehr aufgrund der Richtung der Mikrokabels ausfindig zu machen war, da hatten sie die Festung WUK endgültig erobert. Voller Elan schien dieser Bursche und die Band generell zu sein.
Als mir dieser dann nach dem Konzert geduldig aber interessiert Rede und Antwort stand, führte so manche seiner Aussage dazu, dass ich das Konzert von einer anderen Seite sah. Immer schon hatte mich die Band gefesselt mit ihren so authentischen Konzerten und auch wenn das Premierenerlebnis vom Southside 2005 unanfechtbar ist, so wirkte es diesmal intensiver als die Male davor. Als ob sie einer Verjüngungskur unterzogen worden waren. Genau das passierte in einer gewissen Weise allerdings auch, wie J.R. erklärte: „You know, it was a strange situation when our producer, the guy who worked with us together since ten years, with whom we were so familiar, decided that he don´t want to produce our new album.……… but in the end it was this fresh air which was going through the band, and which was necessarry at all. Sometimes it´s important to break up with something, even if it´s difficult, but it´s the only way to move forwards.“
Bekanntlicherweise wurde ja mit Century of Self dem Riesen Interscope der Rücken gekehrt und wieder auf Indiebasis gesetzt. Somit erlangte man diese künstlerische Freiheit zurück auf der eigentlich der Grundgedanke dieser Band basiert. Vom Albumcover (abermals in herausragender Manier von Conrad Keely entworfen) bis hin zu den Lyrics und der Produktion hatte man quasi Narrenfreiheit. Schlussendlich wurde man, was die Produzentenfrage betraf, in NYC fündig. Chris Coady, jener Mann, der sich unter anderem auch für das Yeah Yeah Yeah´s Meisterwerk Fever to Tell verantwortlich zeichnet, verlieh auch Century of Self ein Gesicht mit hohem Wiedererkennungswert.

Dreams aren´t broken one by one

Das es bei dieser Unmenge von hörenswerten Songs die sie über die Jahre auf uns losgelassen haben kein leichtes Unterfangen ist, eine entsprechende Setlist zu kreieren, dass liegt auf der Hand. Und mir wäre es beim Konzert auch gar nicht aufgefallen, aber nachdem mit „Another Morning Stoner“ eine weitere Nummer vom 2002er Durchbruchsalbum durch die Halle gejagt wurde, folgte ein vier Nummern andauerndes Feuerwerk welches ihren Ursprung bereits auf Madonna, also vor mittlerweile zehn Jahren, hatte. Angeführt von „Claire de Lune“ endete die reguläre Show dann bombastisch in „Totally Natural“, und einer Livedarbietung dieser Nummer, die mich einfach nur mit offenem Mund und Neid, aber auch unglaublichem Wohlbehagen zurückließ.

Fuck You, Fuck You, Fuck You, Fuck You,…..

Mit „Mistakes & Regrets“ meldeten sie sich nach alibihafter Pause wieder zurück, drehten gefühlsmäßig noch ein bisschen an diversen Volume Reglern und besorgten es sich noch mal so richtig. Scheinbar nicht enden wollend, verschmolz der Song in „A perfect teenhood“ wo man die letzten Reserven mobilisierte und noch mal herausschrie, was gesagt werden musste. Fuck You - und ich könnte mir schon vorstellen an wem das im speziellen Fall adressiert gewesen war.
Als dann der von mir, nicht nur aufgrund seiner Spielweise, geschätzte Drummer dieser Band bei Jason Reece bezüglich seiner extremen Anschlagtechnik und Stickhaltung nachhakte, brachte der gute Mann die Sache auf den Punkt, denn „When I am on stage I put the shit out of me“ – wäre diese Sache somit auch geklärt.
Schwerstarbeit auf Höchstem Niveau also, dargeboten von dieser so authentischen, sympathischen und wichtigen Band, die seit Jahren schon geniale Alben abliefert und mich musikalisch begleitet. Und auch in Zukunft wird sie auf jeder Reise an Board sein wird – also bald wieder.

Der Blick auf die Playlist entpuppte sich im Nachhinein als eine Reise durch vier Alben. Century of Self, das Aktuelle, wurde dabei nur gestreift, was ich dann doch nicht ganz verstehen kann bei dem Potential, dass in den neuen Nummern steckt. Von mir aus hätten sie ja auch gerne noch eine weitere Stunde den Soundtrack für diese Donnerstagnacht liefern können.

Playlist:

Giants Causeway (Century of Self – 2009)
Far Pavillons (Century of Self - 2009)
It was There that I Saw You (Source, Tags and Codes - 2002)
Isis Unveiled (Century of Self – 2009)
Homage (Source, Tags and Codes – 2002)
Bells of Creation (Century of Self – 2009)
Will You Smile Again? (Worlds Apart – 2005)
Relative Ways (Source, Tags and Codes - 2002)
Caterwaul (Worlds Apart – 2005)
Another Morning Stoner (Source, Tags and Codes - 2002)
Claire de Lune (Madonna – 1999)
Totally Natural (Madonna – 1999)

Mistakes & Regrets (Madonna – 1999)
A Perfect Teenhood (Madonna – 1999)

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