Mittwoch, 13. Mai 2009

...and You Will Know Us by the Trail of Dead - 7.5.2009 - WUK/Wien


Eine Führung abseits der bekannten Pfade, und trotzdem führen alle Wege scheinbar mitten ins Herz - Conrad Keely & Konsorten und der Weg „Back to the Roots“

Ende gut……


Irgendetwas musste schiefgelaufen sein an besagtem Donnerstag. Entgegen allen Prognosen aus der Progressive-Wetterstation war weit und breit keine dunkle Wolke zu sehen, sogar Singvögel begleiteten mich auf den Weg zur Location und der angekündigte Orkan sorgte offensichtlich wo anders für zersauste Frisuren. Scheinbar auf Zehenspitzen musste sich das Kollektiv aus Texas bzw. mittlerweile New York in die Stadt geschlichen haben. Und weil ihnen „Fucking Europe“ und im speziellen „Vienna“ so gut gefällt, wurde sogar überlegt, ob nicht noch ein zusätzlicher Tag zwecks Kultur und Interessenbefriedigung eingelegt werden sollte. Der Tourplan ließe es zu, und nachdem am Vortag in Prag nicht mal die Zeit ausreichte, um die Dali Ausstellung zu besuchen, brauchte man ein kulturelles Trostpflaster. Conrad Keely antwortete mir auf diese Frage jedenfalls mit einem Leuchten in den Augen, er wisse nur nicht wo er an lediglich einem Tag seinen Kunsttrieb sättigen sollte. Ein paar Minuten später verschwand dann ein vollgekritzeltes Post –It im schweren Ledergeldbörsel. Ein Problem weniger, sehr fein. „Thanks, and take it easy man!“ – Klar doch, werd mich bemühen. Aber da war doch noch was, abgesehen vom höllischen Pfeifen in meinen Ohren.

Anfang auch gut…

Ein wenig überrascht schaute ich drein, also ich meine erste Runde durch den chilligsten Innenhof Wiens drehte. Reger Andrang schaut an Ort und Stelle normalerwiese anders aus. Auch Abendkassa gab es noch zur Genüge. Da soll sich noch einer auskennen. Vor zwei Wochen, am selben Ort des Geschehens, allerdings um spontan ein (wie ich hörte wunderbares) Konzert zu besuchen, endetet der Abend noch ohne Karte, dafür mit zu vielen Weißweinen gespritzt und jeder Menge Rauch in der Lunge. Im Nachhinein gesehen ist alles aber trotzdem so gekommen, wie es besser nicht sein hätte können. Das Leben regelt die Sachen nämlich wie es sie als richtig befindet. Meistens.

Nachdem dann die Stempelfrage – „Wos soi des sei, a Ausschlog??“ – auch geklärt war, konnte einem feinen Reigen nichts mehr im Wege stehen. Und wenn ich den Abend so Revue passieren lasse, stelle ich fest, dass mit Gringo Star die wahrscheinlich passendste Vorgruppe den ersten Ton im Wiener WUK angegeben hatten. Das Quartett aus Atlanta überzeugte mit ihrer Herangehensweise den Taktstock zu schwingen. Psychodelischer, schweißtreibender, allerdings mit einer fetten Brise Blues versehener Rock. Insgesamt „Two and a half weeks“ haben sie das Vergnügen, den Opening Slot für Trail of Dead bestreiten zu dürfen. Dann geht’s weiter auf die Insel, wo sie im Vorprogramm der wunderbaren Black Lips für Furore sorgen werden, wie mir Sänger Nicholas Furgiuele verriet. Na grüß Gott, da schließen sich ja wieder die Kreise und ein gemeinsames Thema war somit ebenfalls gefunden. Denn wenn man die Black Lips mal live gesehen hat, dann weiß man bestens bescheid. Von dem her handelte es sich bei Gringo Star offensichtlich um die perfekten Tourbegleiter für jegliche, von mir geschätzten Bands.
In Wien seien sie übrigens zum ersten Mal, man werde in Zukunft aber von sich hören lassen. Na das hoffen wir doch mal ganz stark – würden sich nur alle Bekanntschaften so sympathisch präsentieren wie diese riesige rockende Reisegruppe aus den US of A.

Souveränes Terrain

Dann betraten die Gladiatoren die Bühne. Ein kurzer Gruß mit der Hand, der Griff zu den Instrumenten, jeder bezog Position, und ab ging die Post. Das WUK war mittlerweile voll, jedoch noch nicht so mühsam erschöpft wie man es z.B. von einem Shantel - Gig gewohnt sein mag.
Ein Trail of Dead Konzert zu besuchen, das gehört immer wieder zu einem Highlight in meinem doch sehr umfangreichen Konzertkalender. Sie zählen nämlich zu jener Sorte von Band, die aufgrund ihrer konzeptionell angelegten Alben, Letzteres wurde wieder im Kollektiv eingespeilt, eine nahezu 1:1 Live - Umsetzung genau dieser schaffen. Hier gehören minutenlange Aufgänge und Interludes genauso zum fixen Bestandteil der Show wie der in Bächen vom Gitarrenhals fließende Schweiß. Vom ersten Saitenschlag an fügte sich alles so homogen ineinander, dass man zeitweise darauf vergessen hätte können, sich auf einem Konzert zu befinden. Es wurde ein Spannungsbogen aufgebaut, der im Zuge des Abends des Öfteren so ausgereizt wurde, dass man zu glauben vermochte, irgendetwas müsste dieser Spannung jetzt nachgeben, um wieder ein natürliches Gleichgewicht herzustellen.

Gurtpflicht

Die Show wurde, wie eigentlich auch von mir erwartet, mit „Giants Causeway“ und „Far Pavillons“, den beiden im Doppelpack funktionierenden Eröffnungstracks der neuen Platte, eingeläutet. Nach knapp zehn minütiger Akklimatisierungsphase hieß es dann den Gurt enger zu schnallen, denn mit „It was there that I saw You“ ging es auf eine Zeitreise ins Jahre 2002. Jason Reece war schon im Multitasking-Modus, pendelte zwischen Gitarre incl. Gesang und dem diesmal Gott sei dank wieder komplett vorhandenem zweiten Schlagzeug Set. Das Sextett wirkte sehr frisch, goss mit der Singleauskopplung „Isis Unveiled“, eine ihrer scheinbar unendlich vielen stärksten Nummern, auch gleich nochmal ordentlich Hochprozentiges ins Feuer. Das Stück, auf Platte schon eine Oper von knapp sieben Minuten, wurde live auf gefühlsmäßige fünfzehn ausgedehnt, entfachte mit Hilfe dieses so simplen aber durch Mark und Bein gehende Bass – Aufbaus immer wieder von neuem, um uns auch noch das restliche Ohrenschmalz aus den Gehörgängen zu brennen. Einzig das Vibra Slap am Ende des Stücks fehlte mir so richtig, dafür gab es aber den nahtlosen Übergang in „Homage“, einer brachialen, für mich immer wieder schwer nach At the Drive-In klingenden, Nummer, ebenfalls vom Source, Tags & Codes Album der Band.
Mit „Bells of Creation“ gingen es Trail of Dead dann ein wenig melancholischer an. Allerdings nur anfangs, denn als beim Refrain der Drummer erstmals die Sticks über die Toms rollen ließ, war es auch schon wieder vorbei mit der himmlischen Stimmung, die uns diese Nummer verkaufen sollte. Von den fünf, wahrscheinlich schnellsten jemals gehörten, Single - Bassdrum Kicks in Serie, traue ich mich gar nicht anfangen zu sinieren.

Fresh Air

Danach folgte mit „Will You Smile Again“ ein mittlerweile Klassiker vom viel gelobten Album Worlds Apart. Hier galoppierten die beiden Drumkits scheinbar um die Wette, wurden verdroschen als ob es kein Morgen gäbe. Spätestens jetzt musste es das geilste Gefühl sein in dieser Band zu spielen. Auch vor der Bühne wurde es jetzt erstmals so richtig laut und eng. Mitgröhl – Attacken, Schweiß auf Gänsehaut, Ellbogen im Genick, und endlich wusste ich zumindest wieder ansatzweise, warum ich seit jeher auf Konzerte gehe. Conrad Keely verlor sich danach in „Relative Ways“, und als beim darauffolgenden „Caterwaul“ Jason Reece seinen Arbeitsplatz kurzerhand von der Bühne in die Menge verlegte, untertauchte und nur mehr aufgrund der Richtung der Mikrokabels ausfindig zu machen war, da hatten sie die Festung WUK endgültig erobert. Voller Elan schien dieser Bursche und die Band generell zu sein.
Als mir dieser dann nach dem Konzert geduldig aber interessiert Rede und Antwort stand, führte so manche seiner Aussage dazu, dass ich das Konzert von einer anderen Seite sah. Immer schon hatte mich die Band gefesselt mit ihren so authentischen Konzerten und auch wenn das Premierenerlebnis vom Southside 2005 unanfechtbar ist, so wirkte es diesmal intensiver als die Male davor. Als ob sie einer Verjüngungskur unterzogen worden waren. Genau das passierte in einer gewissen Weise allerdings auch, wie J.R. erklärte: „You know, it was a strange situation when our producer, the guy who worked with us together since ten years, with whom we were so familiar, decided that he don´t want to produce our new album.……… but in the end it was this fresh air which was going through the band, and which was necessarry at all. Sometimes it´s important to break up with something, even if it´s difficult, but it´s the only way to move forwards.“
Bekanntlicherweise wurde ja mit Century of Self dem Riesen Interscope der Rücken gekehrt und wieder auf Indiebasis gesetzt. Somit erlangte man diese künstlerische Freiheit zurück auf der eigentlich der Grundgedanke dieser Band basiert. Vom Albumcover (abermals in herausragender Manier von Conrad Keely entworfen) bis hin zu den Lyrics und der Produktion hatte man quasi Narrenfreiheit. Schlussendlich wurde man, was die Produzentenfrage betraf, in NYC fündig. Chris Coady, jener Mann, der sich unter anderem auch für das Yeah Yeah Yeah´s Meisterwerk Fever to Tell verantwortlich zeichnet, verlieh auch Century of Self ein Gesicht mit hohem Wiedererkennungswert.

Dreams aren´t broken one by one

Das es bei dieser Unmenge von hörenswerten Songs die sie über die Jahre auf uns losgelassen haben kein leichtes Unterfangen ist, eine entsprechende Setlist zu kreieren, dass liegt auf der Hand. Und mir wäre es beim Konzert auch gar nicht aufgefallen, aber nachdem mit „Another Morning Stoner“ eine weitere Nummer vom 2002er Durchbruchsalbum durch die Halle gejagt wurde, folgte ein vier Nummern andauerndes Feuerwerk welches ihren Ursprung bereits auf Madonna, also vor mittlerweile zehn Jahren, hatte. Angeführt von „Claire de Lune“ endete die reguläre Show dann bombastisch in „Totally Natural“, und einer Livedarbietung dieser Nummer, die mich einfach nur mit offenem Mund und Neid, aber auch unglaublichem Wohlbehagen zurückließ.

Fuck You, Fuck You, Fuck You, Fuck You,…..

Mit „Mistakes & Regrets“ meldeten sie sich nach alibihafter Pause wieder zurück, drehten gefühlsmäßig noch ein bisschen an diversen Volume Reglern und besorgten es sich noch mal so richtig. Scheinbar nicht enden wollend, verschmolz der Song in „A perfect teenhood“ wo man die letzten Reserven mobilisierte und noch mal herausschrie, was gesagt werden musste. Fuck You - und ich könnte mir schon vorstellen an wem das im speziellen Fall adressiert gewesen war.
Als dann der von mir, nicht nur aufgrund seiner Spielweise, geschätzte Drummer dieser Band bei Jason Reece bezüglich seiner extremen Anschlagtechnik und Stickhaltung nachhakte, brachte der gute Mann die Sache auf den Punkt, denn „When I am on stage I put the shit out of me“ – wäre diese Sache somit auch geklärt.
Schwerstarbeit auf Höchstem Niveau also, dargeboten von dieser so authentischen, sympathischen und wichtigen Band, die seit Jahren schon geniale Alben abliefert und mich musikalisch begleitet. Und auch in Zukunft wird sie auf jeder Reise an Board sein wird – also bald wieder.

Der Blick auf die Playlist entpuppte sich im Nachhinein als eine Reise durch vier Alben. Century of Self, das Aktuelle, wurde dabei nur gestreift, was ich dann doch nicht ganz verstehen kann bei dem Potential, dass in den neuen Nummern steckt. Von mir aus hätten sie ja auch gerne noch eine weitere Stunde den Soundtrack für diese Donnerstagnacht liefern können.

Playlist:

Giants Causeway (Century of Self – 2009)
Far Pavillons (Century of Self - 2009)
It was There that I Saw You (Source, Tags and Codes - 2002)
Isis Unveiled (Century of Self – 2009)
Homage (Source, Tags and Codes – 2002)
Bells of Creation (Century of Self – 2009)
Will You Smile Again? (Worlds Apart – 2005)
Relative Ways (Source, Tags and Codes - 2002)
Caterwaul (Worlds Apart – 2005)
Another Morning Stoner (Source, Tags and Codes - 2002)
Claire de Lune (Madonna – 1999)
Totally Natural (Madonna – 1999)

Mistakes & Regrets (Madonna – 1999)
A Perfect Teenhood (Madonna – 1999)

Freitag, 10. April 2009

Plexus Solaire (WUK – 4.4.) & The Virgins (FLEX – 5.4.)


Zwei komplett verschiedene Gruppierungen bescherten mir in den vergangenen Tagen genau das, wovon ich mir geschworen hatte nie explizit darüber zu schreiben – meinen POP, ein Angstwort.

P wie Populär:

Ich würde mich selbst anlügen wenn ich behaupten würde Populärmusik seit Jahren in einer gewissen Art und Weise zu leben, denn wann immer es nämlich zu dieser Wortkonstellation kommt schreit mein Hauptschulgedächtnis laut auf und mir schießt meine erste, im vom Prof. Schieder gemanagten Schallplattenklub erworbene, Maxi –CD ein. Klar, die Joyride – Kassette von Herrn Franz gab es schon vorher, aber ab sofort regierte das hymnische Go West der Pet Shop Boys den Nachmittag. Das genau dieses britische Duo sechzehn Jahre nach diesem Schlüsselerlebnis als die Verkörperung des Pop angesehen wird und vom Cover eines Magazins für Popkultur strahlt ist die eine Sache, dass ich das Heroentum um diese beiden Gestalten jetzt sogar verstehe und noch dazu gar nicht genug kriegen kann von deren neuer Platte, das ist die Andere. An sowas gedacht hatte ich damals mit Sicherheit allerdings nicht.
Es wäre aber auch durchaus gelogen, wenn ich das Gegenteil behaupten würde. Die Zeit verstreicht ja nicht ohne (positive) Nebenwirkungen. Von da her ist das poppige Wort schon auf ein Mehr von Bereichen und Gruppen anwendbar als die in meinem damaligen Spatzenhirn mit Horizont von der Neustift bis zur Stempfelbachbrücke reichenden. Blenden wir die Problematik, die sich mir auch heutzutage noch auftut wenn es darum geht dieses Wort in den richtigen Kontext einzubinden, mal aus. Meiner Meinung nach zu viel Heckmeck um drei Buchstaben, die eine so üppige Landschaft abdecken welche sich von Provinzkaff – Barbies bis hin zur fünfundvierzigsten Straße erstreckt.

O wie Odyssee:

Das ist es nämlich, was ich seit Wochen in Wien praktiziere. Endloses Durchstreifen der Gassen mit den öffentlichen Citybikes. Ob ich mich trotz Vollgummireifen jetzt als Radfahrer sehe? - Und ob, denn mit diesen Geräten zählt jeder Kilometer doppelt! Für die Berggasse gibt’s sogar Extrabonus. Das dann am vergangenen Samstag im Wiener WUK das zweite mal ein Fest zu Ehren der Fahrrades über die Bühne ging, das passte mir somit fein ins Programm. Also schnell auf den Drahtesel und brav nach Uptown gestrammpelt. Plexus Solaire, eine österreichisch französische Erwachsenen - Combo lieferten uns den Soundtrack dazu. Tour de France mitten in Wien. Herrlich. Und in Zeiten wie diesen sicherlich die sauberste Veranstaltung in dieser Sparte. Wo anders werden Geständnisse ausgepackt, Leute aufgeschmissen und generell im ganzen Sport rein Haus gemacht. In der Werk- und Kulturwerkstatt scheuten die Austro-Franzosen aber trotzdem nicht davor zurück uns einen aufputschenden Cocktail zu kredenzen. Legal erworben und mit Stempel besiegelt. Die Zutaten nicht Epo, Dynepo, Wachstumshormone oder sonstiger Schwachsinn, sondern ein mit Fingerspitzengefühl groovig dahingezupfter Bass, ein effizientes Schlagwerk, eine Lead und eine Solo Gitarre. Dazu noch der wunderbarste französische Chanson, ein bisschen Mundharmonika, ein Tambourine und fertig ist das Pop-Präperat. Nebenwirkungen sind uns nur positive bekannt. Die können aber langwierig sein und mitunter zu einem Dauertraumtaumel führen. Sollte dieser Fall eintreten, dann bitte das Rad am nächstbesten Masten anketten, sich eine Zigarette wuzeln, diese mit einem Streichholz zum erglühen bringen, tief inhalieren, sich den holprigen, vom wunderbaren achtzehnten Bezirk kommenden, Kopfsteinpflaster der Währinger-Straße anpassen und so instinktiv herumschlendern, dass einem nicht die letzte Bim in die Mange nimmt. Ich war schon sehr positiv überrascht, was mir da geboten wurde. Immerhin hatte ich mit der Vorbereitung auf dieses Event eine Stunde vor Startschuss begonnen. Der Kurs war mir bis dahin unbekannt, die Routeninformation war in der Sprach der Könige, die sich nach dem erstmaligen zu Gemüte führen einstellende fabelhafte Welt von Paris omnipräsent und alles führte zu einer aphrodisierenden Wirkung anstatt zu nötiger Konzentration. Wie so oft musste ich auch diesmal ohne mein einköpfiges, die Kunst des Radfahrens bestens verstehendes, Serviceteam auskommen. Nach Beendigung dieser chilligen Samstagsetappe wurde mir jedoch deren Unterstützung fürs nächste Mal zugesichert. Auf Bergwertungen wartete man, sofern jemand das tat, vergebens. Hier ging es geradeaus, vorbei an wohlduftenden Bäckereien, an Boule spielenden Greisen, an Käsereien, Fiakern, an am Straßenrand befindliche Blumenverkäufer, an rauschenden Flüssen, entlang von mit Pappeln gesäumten Alleen und, permanent frühlingshaften 22 Grad gepaart mit einer leicht abkühlenden Brise. Es gab den einen oder anderen Massensprint und vor allem die Teilstrecke Malheureux bestach durch ihren ins unendliche abgleitenden Blick aufs offene Meer. Ein Traum. Das Ziel erreichten alle, ein kollektives Einfahren in bestgelauntester Manier.
Vielleicht sollte sich der Leitungssport einfach ein bisschen an der Musik und deren Art und Weise ein ehrliches Gefühl zu transportieren, orientieren. Wir sollten das sowieso immer machen, dann würden sich viele Sportarten nicht auf diesem utopisch hohen Leistungslevel, welches sauber offensichtlich nicht mehr erklommen werden kann, befinden. We have to consume less – denn auch das lässt sich auf einen Themenbereich von Zigaretten bis Erwartungshaltungen anwenden. Nur bei französischem Pop darf es bitte ruhig noch ein bisschen mehr sein.

P wie Purzeltag:

Nachdem der samstäglich ausgelöste Popdiskurs mit mir selbst dann endgültig an Fahrt angenommen hatte, stolperte ich wie so oft auch noch über einen Bericht des Mister NYC. Von einer mir ebenfalls nur von Hörensagen bekannten Brooklyner Gang war da die Rede. The Virgins. Zugegeben, ein Bandname mit dazugehörigem Albumcover, das ich normalerweise im Musikregal links liegen lasse. Nachdem der Artikel aber mit den bei mir alle Alarmglocken aufklingeln lassenden S-und K-Wörtern“ garniert war, musste ich förmlich eine soundtechnische Kostprobe nehmen. Und das obwohl mir vor allem zweitere einen deftigen Knacks mit deren gelieferter Aktion im Rahmen ihrer Spanien Tour vor ein paar Wochen zugefügt hatten, von dem ich mich immer noch nicht ganz erholt hatte.
Dass ich mich dann gleich beim ersten Bissen dermaßen verschluckte, in Ohnmacht fiel und mein Wohnungskollege mir mit einem White Russian zuerst auf die Beine und dann auch noch zappelig in die Sonntagstreter helfen musste, damit konnte natürlich niemand rechnen. Nicht schlecht was da so meine Gehörgänge hinuntergeschlungen wurde. Im Normalfall funktionieren solche Aktionen bei mir gerade überhaupt nicht, offensichtlich waren aber meine persönlichen Pop – Disco – Gute- Laune - Tage angebrochen. Das sich das allerdings immer blitzartig ändern kann, das bekam ich ein paar Stunden nach dem Konzert zu spüren. Seither gibt’s halt zur Abwechslung wieder schwere Riffs und knackige Zwei –Viertler. Hauptsache NYC steht auf dem Unterschlupf. Das Leben, oder wie immer man dazu sagt, ist wahrhaftig verrückt……
Als ich dann den Altersschnitt auf dem im Flex stattfindenden Kindergeburtstag gewaltig über den Haufen warf wurde mir bewusst, irgendeinen Hype verpasst zu haben. Egal, Hauptsache junge Leute interessieren sich wieder für Livemusik. Und das Niveau von The Virgins ist zum Einstieg ja nicht gerade ein Fehler. Vielleicht lag es auch nur am Support. Den hatten vier Niederösterreichische Jungspunde über, welche auf den Namen FAMP hörten. Sie erfüllten zwar alle derzeit im Jugendbereich zu erwartende Klischees, spielten aber ein routiniertes Set das sich irgendwo zwischen der Melancholie der Kooks, dem hektischen Schlagwerk der Arctic Monkeys, und, obwohl jetzt schon zwei große Namen gefallen sind, der verraunzten Stimme von Matthew Bellamy einpendelte. Durchaus eine Partie mit Potential und einem Gefühl für hitverdächtige, eingängige Melodien. Das sowas auch noch aus dem Wiener Umfeld kommt und in Zukunft jede Menge Stagetime vor sich hat, das ist es auf jeden Fall Wert dran zu bleiben.

L wie Lower East Side:

Ich kann nicht wirklich beschwören ob ich die New Yorker, nachdem ich erstmals in deren fruchtig frische Klangwelt eintauchte, jemals in einem Gedankenzug, und wäre er noch so flüchtig gewesen, mit ihren Stadtgenossen erwähnt hätte. Jetzt, nach mehrmaligem Hören des Albums und dem Live Erlebnis würde ich das Ganze jedoch nicht mehr unterschreiben. Wie so Viele, hat auch Sänger Donald Cumming eine unikate Weise seine Lyrics hinauszuposaunen. Seine Wurschtigkeits –Passagen, z.B. im Song Fernando Pando, könnten schon auch irgendwo auf First Impressions of Earth zu finden gewesen sein und ließen mir daher kurz Julian Casablancas vor mein geistiges Auge treten. Allerdings exklusive Heinekenflasche an den Lippen. Was eine Erwähnung alles ausmacht. Witzig. Ansonsten zog er es vor ständig in leichtem Tanzschritt befindlich auf der Bühne auf und ab zu schlendern, dazu noch eine permanent nach vorne wippende Gestik, ein leicht fröhlicher Gesichtsausdruck und fertig war das locker dahin schwingende Feeling, dass er an seine Crowd weiter zu transportieren wusste. Es führte sogar so weit, dass mich der Anfang von Radio Christiane mit deren Vintage - Gitarrensound - Passagen und Melodiefolgen doch glatt an einen Nick Valensi erinnerte. Was sie auf jeden Fall gemein hatten, das ist die Ruhe weg vorm Gig. Das kam einer erlebten The Strokes - Show in Amsterdam schon ziemlich nahe. Diesmal klappte mir allerdings kein Kumpel zusammen – kann gut sein, dass dies damals allerdings auch nicht auf die Hitze und das Sardinendosenfeeling zurückzuführen war. Generell schwamm, wie schon bei FAMP, eine Unzahl von verschiedenen Einflüssen an mir vorbei. Neu ist das alles sicherlich nicht was die Burschen da aus ihren Instrumenten herausholten. Was es aber garantiert war - thight und tanzbar bis zum Sohlenverglühen. Natürlich hatte das keiner so richtig in Erwägung gezogen im sehr gut besuchten U-Bahnschacht am Donaukanal. Trotzdem war die Stimmung schon großartig als die Protagonisten endlich die Bühne enterten. Ist auf der Homepage noch von einer Dreierformation die Rede, so wuchsen sie live zu einem Quintett heran. Es ging ohne viel Gerede zur Sache – wurde ja auch schon Zeit. Nachdem ich, weil von Spontanität getrieben, nicht wirklich viel Zeit hatte mich mit deren Musik vor dem Konzert auseinander zu setzen, kam es zum zweiten schrägen Moment dieses Wochenendes. Das tat in diesem Fall auch gut, weil ich einfach keine Erwartungen hatte, mich einfach überraschen ließ. Und diese Überraschung gelang. Das war vom Beginn weg feinster Disco, Funk, Pop, whatever. Die Stimme wirkte wie geschaffen dafür und man merkte der Gruppe nicht an, dass sie scheinbar schon seit ewigen Zeiten unterwegs waren. Hier hatte wer richtig Bock auf Spielen. Noch dazu handelte es sich ja um eine Österreich Premiere. Einzig der Bassist blickte anfänglich ein bisschen desorientiert aus seinem Samhain Shirt. Von schnittigen Terminator-Lederjacken bis hin zum gebügelten Hemd, welches in Kombination mit der Bluejeans typischerweise an einen 0815 - WU - Studenten-Look erinnerte, war in der Dresscode-Palette der Fünf alles vertreten.

I wie INXS:

Dass die Burschen eigentlich nur mehr ihre Nummern sauber vortragen mussten um ein kollektives Sommerfeeling ins Flex zu zaubern, das war nach den ersten beiden Songs sowieso klar. Wenn dann aber so eingängige funky Hits wie Rich Girls, Private Affair oder Teen Lovers im Koffer mit über den großen Teich geschmuggelt werden, dann habe sogar ich damit zu kämpfen die Körpertemperatur auf einem Niveau unter der gefährlichen 40° Celsius Marke zu halten. Die aufgrund eines Dauersmileys hervorgerufenen Muskelverspannungen im Gesicht will ich in diesem Zusammenhang gar nicht erst kommentieren müssen. Letzteres bläst uns gleich einmal mit einem Intro das gut und gerne auch Falco entsprungen sein könnte um, und hätten sie dann live auch noch die am Album so wunderbar eingesetzten 80iger Synthies eingebaut, ich hätte Luftsprünge gemacht. Und obwohl der Song eine meiner Ansicht nach „schmutzigere“ Thematik behandelt, so kann man den Refrain wunderbar allen Jugendlichen von der ersten bis zur letzten Reihe als Weisheit für die Zeit nach den Sommerferien an den Kopf werfen. Es bringt nämlich gar nix, wenn man die üblicherweise in den Sommermonaten entstehenden Schmetterlinge im Bauch auf eine unnötige Reise schickt die in den meisten Fällen eh nix bringt. Teen lovers, dont wait, vacation is over, dont wait
Das Phänomen mit nur einem Album auf Tour zu gehen wurde dann aber auch den New Yorker Jungfrauen zum Verhängnis. Irgendwann war die Setlist nämlich abgespielt und eine Zugabe wurde lauthals gefordert. In solchen Fällen haben Bands, welche nicht schon in der letzten Nummer mit einer Oper von Song oder einer Zerstörungsaktion klar machen nicht mehr auf die Bühne zu kommen, immer den letzten großen Reißer im Programm auf den dann als versöhnlicher Abschluss meist noch eine Coverversion folgt. So rannte das auch an besagtem Sonntag ab. Dass sie aber nicht davor zurückschreckten Devil Inside in herausragender Manier zum Besten zu geben, und damit auch noch meine all time heroes, welche mir komischerweise als erste Reverenz ins Gedächtnis geschossen waren, mit ins Spiel brachten, führte dass bei mir zu einem innerlichen Systemausfall aufgrund nicht mehr zu bewältigender Endorphinausschüttung.

F wie Freedom:

Als dann die Bühne im Dunkel verschwand und aus den Boxen mit den Kings of Leon die Afterhour eingeleitet wurde, schloss ich mit diesen auch noch schnell meinen Frieden und malte mir schon aus, wie sie mir meinen diesjährigen summer of hoffentlich freedom versüßen würden.

E wie Egal:

Was ich auf jeden Fall mitgenommen habe aus diesem Wochenende ist, dass mein Pop wieder um zwei Assoziationen gewachsen ist. Bleibt nur abzuwarten, was Casablancas & Co. für eine Überraschung parat haben. Und so wie es ausschaut, sind The Strokes nach wirklich langer Abstinenz in meiner Playlist gerade wieder dafür verantwortlich, dass ein paar Konturen sichtbar werden und, seit neuestem ein Funke von Plan durch die dunklen Gänge meines komplexen Gefühlslabyrinths nach der erlösenden Ignition sucht. Musik ist wahrhaftig das wichtigste auf der Welt – ob´s gewissen Leuten passt oder nicht......

photo: the virgins
copyright by the virgins

Samstag, 21. März 2009

The Scarabeus Dream – 19.3.2008 – rhiz/Wien


Ein burgenländisches Duo, Hand in Hand mit dem Exzess. Eine hochexplosive Mischung, einzuordnen irgendwo zwischen Schreikrampf, einer Portion Gefühl, einem Tinitus und der Methode Kopf durch die Wand.

Zufall?, Schicksal?, Trübsal?


Es ist schon interessant. Da gibt es Bands in Österreich die einem vom Namen her schon seit Jahren ein Begriff sind, seit geraumer Zeit auf dem endloslangen Wunschzettel der must see live - acts stehen, und dann ist es erst wieder der Zufall und nicht die Eigeninitiative, welcher einem in den Genuss eines solchen bringt. Dieses Zufalls- Muster zog sich durch den ganzen gestrigen Donnerstag, bescherte mir ein interessantes Wiedersehen hier und ein erstmaliges Treffen eben genau hier – speziell bei Letzterem stellte sich nach kurzem Gespräch die den ganzen Tag herbeigesehnte innerliche Ruhe ein – denn es stimmt schon: Ohne konkreten Plan zu agieren ist jenseits von leicht. Aber bleibt einem denn wirklich etwas anderes übrig wenn der Interessens – Rooster, in Stockwerken gesehen, nicht dem eines Blockhauses, sondern eher dem eines Wolkenkratzers gleicht? Die Antwort: Nein! – schon gar nicht wenn man weiß, dass die Musik DAS Medium für konstruktive Kommunikation ist.

Im Auge des Hurrikans

Das rhiz war wieder einmal brechend voll. Und trotzdem unterscheidet sich die Atmosphäre dort im Wesentlichen von der eines anderen, ebenfalls voll gerammelten, Gürtellokals. rhiz ist Familie, oder zumindest fühlt sich das, obwohl kein Stammgast, für mich immer so an. Ich war überrascht, welch regen Zustrom The Scarabeus Dream auslösten. Da war mir wohl einiges entgangen in der letzten Zeit. Wenn man sich jedoch die Songs von deren Debüt Album Sample your heartbeat to stay alive anhört, so ist diese Frage vom Tisch, dafür eine Andere präsent. Was macht diese Band, die es vorzieht ihre Umsetzung von Musik auf ein Schlagzeug und ein Keyboard zu reduzieren, hier? Um diese auch perfekt an den Mann zu bringen benötigt es nämlich Folgendes – perfekten Sound. Gibt es diesen nicht, so kann es schon mal passieren, dass man ein wenig desorientierter von einem Gig nach Hause schlürft als erwartet. In den beiden sympathischen Gürtelbögen gibt es diesen Sound, wenn es sich um Hannes Moser am Schlagzeug handelt, nur bedingt. Macht aber nichts. Hier wurden sowieso auf eine andere Art und Weise unsere Köpfe angezapft.
Den Beginn machte eine kleine MacBook – Session. Sowohl der Drummer, als auch Bernd Supper am E-Piano pauschten sich über Minuten hinweg gegenseitig auf. Die abgerufenen, selbstprogrammierten, Sounds wirkten entspannend, so als ob man fasziniert durch eine Eishöhle wandern würde. Und ein gutes Konzert beginnt nun mal damit, den Zuhörer zu fesseln, ihm Bilder aufzuzwingen. Musik als das Kreativzentrum anregende Mittel. Das Ganze türmte sich in einem sehr fein angelegten Spannungsbogen in immer höhere Sphären auf, bis wir schlussendlich von einer Horde laut krabbelnder Mistkäfer überrannt wurden, welche sich in Windeseile ans Werk machten ihre Gefräßigkeit an unseren Kopfinhalten zu stillen. Die Band startete sofort zum Gegenangriff, indem sie versuchten mit hektischem, Getrommel und den orchestralen, dem Keyboard entsprungenen, Melodien, gepaart mit heftigem Geschrei, gegen zu wirken. Vergeblich. Stattdessen hatte es eher den Anschein, dass beide offensichtlich von der, dem aufgezeichneten Spinnennetz am Drumkit entflohenen, Tarantel gestochen wurden. Innerhalb von Sekunden mutierten die zwei, zuvor eher ruhig und in Gedanken versunkenen wirkenden Burschen, zu sich aus der Hand gebenden, hyperaktiven und mit schweren Gesichtslähmungen bzw. Schüttelkrämpfen kämpfenden Wesen. Es war unglaublich mit welcher Entschlossenheit, oder besser gesagt, Rücksichtslosigkeit, das Duo ihre Message unter die Menge brachte. Wie ein Hurrikan fegten sie und ihre Musik alles um, was sich nicht schleunigst aus dem Schussfeld begab. Dieses Verlangen hatte aber erstens keiner, und zweitens, wäre es an diesem Ort auch nicht möglich gewesen. Unpackbar welche Leistungsexplosion da auf der Bühne stattfand. Der Drummer wirkte wie eine Maschine mit durchgebrannter, normalerweise aber alles steuernder, Platine, die Hände wild herumwirbelnd, fast einer Krake gleichend. Sein Konterpart - ein sich permanent die Haare zerraufender, auf das Piano einhämmernder Ferngesteuerter der selbigen Sorte. Und auch seine so unschuldig wirkende, den zerrissenen Fetzen Stoff zusammenhaltende Schmetterlingsbrosche, konnte nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich hier um zwei Freaks handelte, die offensichtlich eine ganz eigene Art und Weise gefunden hatten, ihre Gedanken in Musik zu fassen. Eine Wunderbare, wenn diese auch nicht so klar zu erkennen war an diesem Abend. Da wurden halbe Songs angekündigt, nur um uns im selben Satz auszurichten, dass sie trotzdem 15 Minuten dauern würden, alle Ventile geöffnet an denen jeglicher Frust über die freunderlwirtschaften betreffende Gesamtsituation in Österreich entweichen konnte und in, wie auch ich finde, Snapcase´scher Manier gescreamt. Dazu gab es heftige Snarewirbel und ein Piano, das uns auch mit Melancholie zu verwöhnen wusste. Zwischendrin immer wieder Nummern ohne Geknüppel, dafür mit einem auf seiner Bassdrum herum balancierenden, das Mikro stets im Anschlag habenden, Drummer. Ich muss gestehen, ich war nicht ganz vorbereitet auf das, was mich hier erwartet hatte. Nach durchhören der Songs hatte ich einfach ein komplett anders Bild von dieser Band im Kopf. Noch dazu wirkte auf deren Homepage alles so perfekt. Die Art und Weise wie mich die Photos anzusprechen wussten, das geniale schwarz/weiß Video zu deren Song „strollerstore“ und nicht zuletzt, die heftige Mischung aus Hardcore Geschreie in Kombination mit den so sauber wirkenden, sich im Ohr festsetzenden Melodien des Pianos. Für mich fühlte sich das alles so an, als ob es sich um eine andere Band handelte. Und auch wenn die so heftig klirrenden, mit einer Brachialität und den, dem ersten Anschein nach ohne System, verdroschenen Becken viel vom erwarteten Klangerlebnis zu nichte machten, so muss ich all jene, die mir ständig vorhalten nie etwas Negatives zu schreiben, auch diesmal wieder enttäuschen. Es war bei weitem nicht der beste Gig, aber trotzdem fühlte ich mich danach näher bei der Band. Was auf der kleinen Bühne geboten wurde, dass entschädigte nämlich für vieles. Es ist lange Zeit her, dass ich eine österreichische Formation mit so viel Herz und Bereitschaft weit über die Grenzen zu gehen, bei der Sache gesehen hatte. Noch dazu war es garantiert das erste Mal, dass ich mitterlebte, wie sich ein Protagonist aufgrund seiner nicht unter Kontrolle habende Reflexe und Zuckungen, eine Platzwunde auf der Stirn zuzog – verursacht durch die nicht länger weiß erscheinenden Tasten des Yamaha Stage Pianos. Und auch wenn mir während des Konzerts dieses, den Kopf in die rhiz-Ziegelwand rammen, das von permanentem Hecheln begleitete nach Luft ringen des Drummers, das auf dem Drumkit herum hüpfen, dieses ständige mit sich selbst reden gepaart mit Schlägen auf den Hinterkopf und die eher vagen, meine Gedanken nicht befriedigenden Statements, als aufgesetzt wirkten, so zog ich danach trotzdem eine sehr positive Bilanz.

Aus und Vorbei

Bis zum Moment des Unfalls war es ein Konzert, dass stets nach vorne pushte. Nach der ein paar Minuten andauernden Erstversorgungspause, die vom nicht minder beeindruckten Chef des Hauses persönlich durchgeführt wurde, riss logischerweise ein bisschen der Faden. Es wurden noch ein paar Nummern dargeboten, und auch wenn Bernd Supper seine Tasten nicht mehr als Objekte, an denen man seine überschüssigen Gefühle abreagieren konnte ansah, so rastete Hannes Moser beim letzten Song nochmal so richtig aus und verdrosch das schon in alle Himmelsrichtungen verteilte Schlagzeug solange, bis die Becken in die entgegengesetzte Richtung schauten. Im Anschluss manövrierte er sich auch noch selbst eine Ecke wo er dann abwesend, und sichtlich ausgepowert, herumlag. Mir gefiel das Ganze und ich werde so etwas mein Leben lang unterstützen, denn es muss nichts befreiender wirken, als wenn man sich die Möglichkeit schafft, in eine Kunstfigur auszubrechen und sich bei Bedarf selbst zu reseten. Obwohl ich diese Band jetzt theoretisch von meiner Wunschliste streichen könnte, werde ich sie mir mit Sicherheit noch das eine oder andere Mal in einem größeren Umfeld anschauen. Bis dahin wird es vielleicht auch schon neues veröffentlichtes Material geben.

Nantes

Während die Bühne wieder auf Vordermann gebracht wurde, schmiss Bernhard Fleischmann schon wieder feinste Vinylware auf die Technics. Und wie so oft in letzter Zeit, schloss sich ein weiterer Kreis – diesmal mit Beirut´s Nantes. Dann ging es mit dem Bike durch die kalte Nacht bergab, für B.Fleischmann wartete hingegen der Frühling. Viel Spaß im Sala BeCool von dieser Stelle.

Photo: copyright by The Scarabeus Dream

PAZ!

*thez*

Dienstag, 17. März 2009

School of Seven Bells / 12.3.2009 / Flex - Wien


Tiefverschneite Berghänge, gestiefelte Katzen und ein wahrgewordener Traum

Hollywood

Wie so oft, muss ich auch bei dieser Berichterstattung eine Brücke in die Vergangenheit schlagen, etwas verknüpfen, das ich bis vor wenigen Minuten schon als für immer in den Tiefen meines Gedächtnis verschollen geglaubt hatte. Im aktuellen Fall datiert mit Juli 2005, irgendwo an der
Melrose Avenue/L.A., geschätzten 100°F Umgebungstemperatur und von glühendem Asphalt umzingelt, der den mächtigen Westcoast – Karossen als Spielplatz für diverses Machogehabe dient. Eigentlich ein traumhafter Ort, und trotzdem hatte es einen strangen Beigeschmack, wenn man sich plötzlich in der Stadt befindet, in welcher so viele Geschichten seiner Plattensammlung spielen, man im Sekundentakt an Plätzen und Clubs vorbeikommt, die man aufgrund der Auseinandersetzung mit diversen L.A. Bands einfach kannte oder viel mehr noch, man sich schon tausende Male in Gedanken Under the Bridge befunden, oder in seinen Träumen mehr als One hot minute hier verbracht hatte. Es war ein seltsames Kribbeln in mir, schwer einzuordnen auf der +/- Skala des inneren Befindlichkeitsbarometers und von verarbeiten der ganzen Geschehnisse konnte nicht die Rede sein. Auch deshalb, weil ich mich damals weit von einem, meine Gefühle befriedigenden, Gesamtzustand befand. Ich wurde quasi dazu gezwungen mir Abwechslung in einem der unzähligen Vintage –T-Shirt - Shops, welche entlang der Melrose Ave. wie sich nach der grellen Scheibe am Himmel räkelnde Sonnenblumen auffädelten, zu suchen. Meine Affinität bezüglich dieser Kleidungsstücke konnte ich ja noch nie verleugnen. Dass meine Wahl dann ausgerechnet auf ein eher psychodelisch, und gar nicht meinem Stil entsprechendes Shirt fiel, das verwundert mich jetzt, wo ich wieder darüber nachdenke wann ich es eigentlich zum letzten Mal getragen hatte, mehr als damals. Die Aufschrift und die zerfransten, durch unzählige bunte Striche und Linien dargestellten Shilouetten von drei Personen hatten es mir angetan, erinnerten mich ein Wenig an den Metro-Plan einer Großstadt und bei genauerer Betrachtung verschwamm das Ganze vor meinem Auge als ob ich einen Absinth zu viel erwischt hätte. Außerdem war der Schnitt genial. Es faszinierte mich, obwohl ich mit den abgebildeten Protagonisten einer Band namens The Secret Machines nichts anfangen konnte. Im Gegenteil, ich verwechselte sie sogar mit den Suicide Machines. Naja, sollte so sein, ich habe es aber bis zum heutigen Tage trotzdem nicht geschafft mir eine Platte dieser Gruppe zu Gemüte zu führen. Das einzige was ich mit ihnen assoziiere, ist das meiner Ansicht nach nicht gelungene Artwork von Ten Silver Drops. Sehr komisch das Ganze, gegen meine eigentlich Auffassung was die endlosen Weiten der Musik betrifft, und mit Sicherheit auch das einzige Band-T-Shirt das ich besitze, ohne diese je in irgendeiner erdenklichen Art und Weise supportet zu haben. Ein Wahnsinn und….ich habe gerade ein verdammt schlechtes Gewissen. (vor allem, weil von deren 2004er Debüt-Album in großen Tönen gesprochen wird…)

Proxima Estación: Brooklyn

Jahre später, irgendwann gegen Ende 2008, schnappte ich erstmals ein paar Zeilen über ein Trio aus Brooklyn auf - School Of Seven Bells. Der Name gefiel auf Anhieb und auch die Story dahinter, es handelt sich um eine kolumbianische Ausbildungsstätte für Taschendiebe, machte Lust auf mehr. Die dazugehörige Musik brauchte dann ein paar Durchläufe ehe sich etwas Wunderbares einstellte. Ich konnte nämlich nicht mehr genug davon kriegen, hörte bei jeder Gelegenheit deren Songs, welche mit Namen wie
Connjur oder For Kalaja Mari das ganze Paket perfekt abrundeten, eine textliche Weiterführung, der einem bei diesem, mit Electrobeats durchwobenen, hypnotischen Klangteppich in den Kopf schießenden Gedanken schaffte. Doch der nächste Aha-Effekt ließ nicht lange auf sich warten, handelt es sich bei dieser Gruppe doch um eine ausgesprochen seltene Konstellation. Aus Sicht des Gitarristen Benjamin Curtis wahrscheinlich eher in die Kategorie "In Erfüllung gegangener Musikertraum" einzuordnen. Anders kann man das wohl nicht umschreiben, wenn man plötzlich mit eineiigen Zwillingsschwestern süd-/mittelamerikanischer Herkunft, und dem Wörtchen hübsch unzureichend zu beschreiben, unter ein und dem Selben Dach wohnt um die Sache zu machen, welche einem sein Herz befiehlt. Gemeinsam nämlich das zu erschaffen, wofür der Schmelztiegel namens Brooklyn/N.Y. seit geraumer Zeit bekannt ist – Musik mit Klasse!
Dass dieses arme männliche Wesen dann noch ausgerechnet ein Teil des ehemaligen Brüderprojekts (incl. eines Drummers),
The Secret Machines ist, das verursachte bei mir wieder einmal schwere Verknotungen im von Natur aus schon sehr zerfahrenen Hauptrechner. Und Zufälle gibt es nicht - wie wir ja alle wissen!
Der Projektgedanke entsprang einer im Jahr 2004 stattgefundenen Tour mit
Interpol, an der Curtis´ damalige Band genauso im Vorprogramm aufgeigte wie das Schwesternpaar Alejandra und Claudia Deheza, besser bekannt als On! Air! Library!. Dieses ging allerdings kurz danach Off Air, bis zur Kolloberation sollte allerdings noch eine Menge Wasser den Hudson River hinunterfließen. Ende 2007 stieg dann Benjamin endgültig bei The Secret Machines aus, die Erforschung neuer musikalischer Gefilde konnte beginnen!

Alpen, Rocky Mountains, Anden…egal!

Als dann im November 2008 nicht nur bei uns der Winter ins Land zog, alles in eine graue Suppe hüllte, gelegentlich das weiße Gut mit sich brachte und die Menschen, je nachdem an welchem Ort sie sich befanden, ihrer Gefühlslage meist schlicht und einfach mit Winterdepression betitelten, da waren die
Brooklyner schon seit Monaten eingeschneit – irgendwo im Zentralmassiv einer gewaltigen Gebirgslandschaft, auf sich alleine gestellt und nur mit ihren Träumen als Navigator ausgerüstet. Mehr brauchten sie nicht.
Alpinisms(*) ist ihr Vermächtnis an uns, eine teilweise als Metapher zu verstehende Story von der langen Reise zu sich selbst, welche sich zusammensetzt aus intensiven Gedanken zur Eigenbefindlichkeit, tiefen Emotionen und den unzähligen Geschehnissen, welche den Weg bis dato pflasterten. Immer in Bewegung bleiben, auch wenn sich mal ein, dem ersten Anschein nach, nicht zu bewältigender tiefverschneiter Bergrücken vor einem auftut. Man wird nie erfahren was sich dahinter verbirgt bzw. das Leben noch mit einem vor hat, wenn man ihn nicht hochgeklettert ist. Im Fall von School of Seven Bells, so scheint es, wurden die sich über Jahre angesammelte Erfahrungswerte in einen großen Rucksack gepackt und eine Reise begonnen, auf der man in Folge genau diese, gepaart mit den ständig neu erfahrenen Eindrücken eines Reisenden, in einen songtextlichen Kontext packte. Zum Glück war noch genügend Platz für Instrumente und sonstige Technical Devices, sodass sie im Endeeffekt einen prallgefüllten Backpack zu schleppen hatten, aber immer darauf bedacht, nicht unter der Last zusammenzubrechen. Das wurde sicherlich nicht zum ersten Mal praktiziert, jedoch war dieses Trio diesbezüglich sehr trittfest unterwegs, auch wenn die entlegenen Pfade auf denen sie sich befanden schon lange in keiner Karte mehr aufschienen. Gut, dass es dann noch die Träume gab und viel besser noch, dass diese nicht in Worten zu ihnen kamen, sondern in Bildern, welche sie wunderbar durch ihrer daraus resultierende Musik mit uns zu teilen im Stande sind.

Flexibilisms

Glücklicherweise haben
School of Seven Bells einen langen Atem, der sie über unzählige Pässe endlich auch nach Wien brachte, wo sie im Schutzhaus am Donaukanal eine kurze Verschnaufpause einlegten. Obwohl, als diese konnte das, was uns dort geboten wurde, nicht bezeichnet werden. Vielmehr handelte es sich um einen vertonten Lagebericht, demzufolge alle Beteiligten weiterhin in einer hervorragenden Verfassung zu sein scheinen. Es war eine vorgezogenen „Traumstunde“, Sand in den Augen hatte von den sich reichlich Eingefundenen aber niemand. Alle schienen ausgeschlafen und aufnahmefreudig zu sein, gespannt auf das, was uns in Kürze erwarten sollte.
Die vorherrschende Stille wurde von
afro-roots-artigem Getrommel, gepaart mit einer kurzen Distortion, durchbrochen, ehe die engelhaften Stimmen der Zwillingsschwestern den Anfang eines alle Alpträume zerschmetternden Sets bestritten. Gleich im ersten Song des Abends, Face to Face on High Places, bekamen wir Einblick in die tiefen zermürbenden Gedanken die in jedem von uns stecken, und dem im Chorus vorgetragenen, als Dank und Erkenntnis zu gleich verstehenden Satz - It's safe to say, saving you, saved me.
Herzlich Willkommen zur
Extended Version der in vielen Köpfen herum spukenden Themenwelt der richtigen Wegfindung und der damit verbundenen Einsicht, dass man sich trauen muss weiterzugehen. Das ganze unter dem Deckmantel Dream Pop einer mir bis dato nicht geläufigen Bezeichnung im unendlich großen Genredschungel.
Denn nur wenn man sich in Bewegung setzt macht man auch die „Bekanntschaften“ die einem unweigerlich widerfahren und eine unbezahlbare Hilfe auf einem scheinbar festgefahrenen Weg darstellen. Die Mischung aus sich aufbauenden Chören, gepaart mit dem bis sich in die entlegensten Täler ausbreitenden Sound-Waves die B.C. seinen sechs Saiten entlockte, sowie den unwiderstehlich vorwärtstreibenden, den Körper permanent zum Mitwippen animierenden, Beats und den restlichen Klangerlebnissen eines elektronischen Schlaraffenlandes, verzauberte von der ersten Sekunde an. Benjamin Curtis, der der Schubladisierung eines Shoegazers mehr als gerecht wurde, manövrierte sich mit seinen, scheinbar Michal J.Fox am Set von
Back to the Future II entlehnten Schuhen, hochkonzentriert durch die perfekt ausgetüftelten Soundwelten seiner Effektgeräte, während ihn Alejandra auf ihrer so riesig wirkenden Gitarre unterstützte. Der Sound, wie immer im Flex, ein Ohrenschmaus, die Stimmen glasklar und jeder noch so knifflige Einsatz in die von Claudia abgerufenen Samples saßen so perfekt wie ihr Mittelscheitel. Abseits der Songs gab es nicht viel zu bereden. Was hier fabriziert wurde, benötigte keine Worte mehr, diente, wenn man sich darauf einließ, als Anreiz für eine ausschweifende Exkursion in die unendlichen Weiten unserer Vorstellungskraft. Durch die an der Decke hängende LED-Wall, welche uns permanent an der Entstehung neuer Sterne teilhaben ließ, fühlte sich das ganze auch noch mal um einen Deut realer an, als wenn man in den eigenen vier Wänden, mit Headphones bewaffnet, am Parkett herumliegt, und sich Songs wie Half Asleep in Endlosschleife zu Gemüte führt. Bei Connjur konnte man aufgrund der täuschenden Ähnlichkeit eines nach einem Zugsignal klingenden Intros und des permanenten, an N.I.N. erinnernden Zischens, schon mal glauben, Passagier in einem entführten Zug zu sein. Abspringen unmöglich, dann doch besser zurücklehnen und alles zulassen. Wird schon nicht so schlimm werden.
Es war ein, im wahrsten Sinne des Wortes, traumhafter Abend in einem mir leider von der Gesamtsituation immer unsympathischer werdenden Club. Die leicht technoiden Beats erinnerten mich (und wahrscheinlich nur mich), im Nachhinein gesehen, ein bisschen an
Neulander und vor allem der Song Prince of Peace, ein heißer Anspieltipp für Nichtkenner von Alpinisms, welcher als (logischerweise) einzige Zugabe zum Besten gegeben wurde, rief mir von der Machart massiv U.N.K.L.E. ins Gedächtnis.
Die Band verabschiedete sich flüchtig und, wie ich glaube, Wien in guter Erinnerung behaltend. Auch ich war, weil leider ein kleines Vorurteil in mir tragend, von der Resonanz des Publikums angenehm überrascht.

Nach dem Konzert ist nicht mehr wie vor dem Konzert

Ich muss gestehen, diese Stunde hatte es mir ziemlich angetan, bescherte mir einen Dauergrinser im Gesicht, und ich wäre nicht der Einzige gewesen, der es begrüßt hätte, wenn sie noch eine ganze Weile ihre Schaffenswerke zum Besten gegeben hätten. Angeblich gibt es ja schon wieder genügend Material für eine neue Platte. Auch Freunde, welche das Konzert mehr oder weniger ohne Vorkenntnisse besuchten, waren schwer beeindruckt und fanden keine Worte für dieses Erlebnis.
Somit kann ich an dieser Stelle nur jedem dieses wunderbare und in so vielen Stimmungslagen anzuwendende Werk ans Herz legen. Mittlerweile sind sie schon wieder über mindestens sieben Berge, die Glöckchen in den Taschen verstaut und wahrscheinlich nicht mehr so schnell in Österreich anzutreffen.
Und obwohl ich kein regelmäßiger
Flex – Geher bin, nach monatelanger Österreich-Abstinenz und dem daraus resultierenden erstmaligen Kontakt mit dem doch sehr chilligen neuen Cafe aber seither ein paar nette Stunden dort verbracht hatte, bräuchte man nur mehr diese lächerliche, als Lösung für ein komplett anderes Problem (welchem der Rechtsstaat nicht Herr wird) deklarierte und bis zum Himmel stinkende, schwachsinnige Polizeiliche Sperrstunde auf eine, den üblichen, von Ulaan Baatar bis Montevideo reichenden, Clubstandards anheben.
Aber wie hatte ein von mir sehr geschätzer DJ gestern diese Thematik auf den Punkt gebracht:
Du bist wieder in Wien – Herzlich Willkommen!“
Von dem her werde ich mir die Message von
SVIIB noch mehr zu Herzen nehmen und einfach schleunigst wieder weitergehen...

(*) Als Inspirationsquelle für den Albumtitel diente das Buch
Mount Analogue von Rene Daumal, weil die Thematik des Buchs im Einklang mit dem von Claudia bzw. Alejandra verfassten Lyrics befunden wurde.

Das Album Alpinisms ist im November 2008 auf
Ghostly International erschienen. Das Artwork stammt von Bryan Collins.

Pix by
mck-design und hier zu bewundern.

PAZ!

*thez*

Montag, 16. März 2009

Icebend + Support / 27.2.2009 / Sala Zac Club - Barcelona

Ab jetzt werden die Tage gezählt

Eine neue Stadt, neue Leute, eine Sprache die man nur aufgrund von Wörtern oder Phrasen wie Vamos!, Hasta la vista oder Buenas Noches kennt, eine neue Mentalität und irgendwo dazwischen ist man selbst, versucht sich nach Jahren des alltäglichen, immer gleichen Tagesablaufs erstmals ohne Plan und ohne Vorgabe durchs Leben zu schlängeln, sich treiben zu lassen . Ein doch eher seltsames Gefühl. Man kennt niemanden und fängt in gewisser Weise wieder von vorne an, versucht trotz sprachlicher Barrieren Anschluss zu finden, sich einen Freundeskreis aufzubauen und alles ist einfach nur irrsinnig spannend. Manchmal reichen einfach viele kleine Schritte nicht mehr aus bzw. kosten das Dreifache an Kraft. Als dann nach zwei Wochen das erste Mal mein neues, immerhin um zwei Kontakte gewachsenes, Móvil ringt, ich ein bisschen verschreckt reagiere, weil noch nie zuvor den Signalton gehört, und eine Stimme mich fragt ob ich nicht auf ein Cañja mit um die Häuser ziehen will, da war das ein ausgesprochen feines Gefühl. Die Nacht endete dann in einer kleinen, ein alternatives Publikum ansprechenden, Bar Namens Fántástico, irgendwo im Labyrinth des Barri Gótic (und ist somit jedem Besucher der Stadt schwer ans Herz gelegt), an der Bar sitzend und billigen Rotwein statt Bier trinkend. Und wie der Zufall es so haben wollte, stolperte ich der Musik wegen wiedermal in ein sehr intensives, damals noch in Englisch geführtes, Gespräch. Es handelte sich um einen interessanten Charakter, einen Musiker (Gitarrist und Percussionist), offen für neue musikalische Einflüsse und die damit verbundenen Erlebnisgeschichten meinerseits, ein waschechter Katalane und selbst in einer Band spielend. Ich solle mir die mal anhören, eine Mischung aus…hmmm…… puhh, er könne so schwer seine eigene Musik beschreiben. Aber aufgrund meiner erwähnten Gruppen glaube er, dass ich schon Gefallen daran finden könnte. Icebend heiße sie übrigens.
Um ganz ehrlich zu sein - der Name schreckte mich, bei aller gewonnener Sympathie zu diesem Kerl, doch ein wenig ab, wirkte wie ein mit Zwang erfundenes, Hauptsache englisch klingendes Wort für ein Kunstprojekt und ich konnte mir aufgrund dieses eigenartigen Namens einfach überhaupt keine Vorstellungen machen – wie auch, ohne je einen Ton dieser Musik jemals gehört zu haben. Aber oft schießen mir aufgrund Bandnamen schon ein paar utopische Bilder aus meiner bunten tieferen Phantasien in den Vordergrund. Als ich am nächsten Tag auf deren Seite vorbeiklickte, bemerkte, dass es sich eventuell um ein Wortspiel handeln könnte (aus dem ich aber auch nicht schlauer wurde), und dann erstmals die Musik dazu hörte, da hätten sie auch einen in Runen geschriebenen Namen haben können. Ich staunte nicht schlecht, war nahezu baff und sehr positiv gestimmt, was meinen ersten Kontakt mit Einheimischen betraf. Offensichtlich war es ein guter Einstand und alles deutete auf die richtige Direktion hin. (ich sagte ja mal, dass ich ein Phantast bin, der an jedem Glücksmoment aufbaut)
Wie das aber so ist in Zeiten der eigentlich immer leichter werdenden Kontaktpflege und musikalischen Horizonterweiterung – man nimmt es oftmals nicht in Anspruch, obwohl alles den Anschein dieser unglaublichen Leichtigkeit hat. Im selben Moment ist das auch gut so, denn es handelt sich hierbei um den größten „Zeittöter“ überhaupt. Es führt maximal dazu, dass man sich eingestehen muss, schon lange nicht mehr eigenständig zu denken. Das passte mir natürlich überhaupt nicht ins Programm, wollte ich doch genau das wieder reaktivieren und konnte es nicht gebrauchen, wenn einem schon alles auf einem trügerisch glänzendem Tablett präsentiert, und man eigentlich für dumm verkauft wird. Oder interessiert es uns wirklich, ob jemand etwas (meistens Hirnverbranntes und eigentlich nicht weiter Erwähnenswertes) mit „gefällt mir“ kommentiert bzw. gerade „im Stall bei seinen Pferdchen“ ist? (nur um 10 Minuten später schon wieder „kurz im Badezimmer“ zu sein….) Ich habe da ja immer so meine Probleme damit, hatte aber zum Glück genügend Stationen auf meinem mir erstellten Fahrplan anzusteuern, sodass ich anderswertig viel beschäftigt war und somit vieles einfach nicht (in diesem erschreckenden Ausmaß) betrieb bzw. auf diverse Sachen einfach vergaß – so auch auf Icebend.

Kalenderloses agieren…..

Die Wochen und Monate vergingen wie im Flug, die Sprache wuchs genauso rapide wie der Freundeskreis und auf einmal sieht man sich in seiner vorerst letzten Woche in dieser wunderbaren Stadt. Der Kopf gleicht einem riesigen Fragezeichen und man will plötzlich noch so viele Sache erledigen, will Momente mit Personen erleben und genießen, will keine Minute unnötig verstreichen lassen. Dass ich dann plötzlich eine Erinnerung bekomme - von genau dem oben angesprochenen, scheinbar für mich denkenden Medium - welche eine Konzerteinladung von der Band beinhält, die mir mein erstes musikalisches Hochgefühl in dieser Stadt bescherte, da wirkte das alles wie ein logischer Prozess der einfach passieren hatte müssen. Es war mir vom ersten gehörten Ton an ein Anliegen gewesen diese Gruppe einmal live zu sehen, nur hatten tausend einströmende Dinge dieses Verlangen einfach wieder aus meinem Gedächtnis gespült. Jetzt war es endlich so weit, noch dazu in meiner (vorläufig) letzten Nacht.

Der Beginn einer Reise

Das Konzert ging in einer mir unbekannten Location über die Bühne. Dem Zac Club, irgendwo an der Avinguda Diagonal gelegen und unauffindbar für mich und Begleitung. Ein kleiner Club mit jeder Menge Disco-Feeling. Alles war mit den typischen kleinen Glasbruchstücken versehen, es funkelte aus jeder Ecke und nicht erst aufgrund des aus Glasziegeln gebauten Eingangs stellte sich ein Gefühl ein, als ob man über eine Schwelle in die 80iger Jahre trat. Mittendrin eine kleine Bühne, klassisch umgeben von Säulen die ebenfalls einer Discokugel glichen und meines Anscheins nach nicht wirklich für Konzerte geeignet.
Was es hier anfangs allerdings nicht gab – ein Publikum. Einerseits ist das um diese Uhrzeit in Barna ja mehr als normal, für die Vorgruppe natürlich keine Augenweide. Diese waren ebenfalls aus Barcelona, hören auf den Namen Twisted Nails und konnten meine Erwartungen, die ich nach abchecken derer Site und den nicht abstoßend klingenden Songs hatte, leider nicht erfüllen. Zu seicht und aufgesetzt wirkte da Ganze. Die Stimme des Sängers wollte gerne, konnte aber nicht, der Sound war nicht befriedigend und der Schlagzeuger knüppelte ohne richtigen „drive“ sein Set herunter. Einzig der Bassist hatte zusätzlich zu seinem feinen Rickenbacker auch einen Groove und spielte saubere Lines, konnte aber das Gesamtpaket für mich nicht mehr retten. Schade, wie ich auch jetzt noch finde.
Dann wurde heftig umgebaut. Icebend agieren nach dem Motto: „Je mehr Instrumente, desto besser“ – solange auch die Gewissheit da ist, dass diese jemand bedienen kann, ist diese Herangehensweise auch voll zu unterstützen. Im Falle dieser Band trifft das zu. Hier gibt es neben der konventionellen Instrumentierung welche Bass, Schlagzeug und Gitarre(n) beinhaltet auch noch ein KORG –Midi mit Computermikrofon, ein Chime, diverse Caxixis, Maracas, Cabasas, Tambourines, ein Xylophon, Glockenspielchen, Vibra-Bells, eine kleine Darabuka, einen bunten quietschenden Plastikhammer, ein Stückchen Blech das wahlweise verdroschen wird, den guten alten Alukoffer und noch ein paar kleinere Gimmicks. Das ganze kombiniert mit einem Sänger der weiß, wie er seine Stimme einsetzten und nötigenfalls „manipulieren“ muss um ein viele Stile und Gefühle umfassendes Gesamtkunstwerk namens „Icebend“ zu kreieren. Hier wurde ich was die Hörproben betraf (welche mich ja schon sehr in ihren Bann gezogen hatten) live nochmals in eine ganz andere Liga entführt. Der Soundtechniker leistete jetzt ganze Arbeit und erschuf eine bombastisch klingende Geräuschwolke, die mich die nächste Stunde mit auf ihre Reise nahm – irgendwo zwischen Dredg, Across the Delta, einer leichten Brise Pink Floyd sowie Led Zeppelin in deren No Quarter – Phase und trotzdem ist das alles normalerweise nicht mal erwähnenswert. Es klingt einfach authentisch, ein logisches Produkt das aufgrund des perfekten Zusammenspiels von fünf kreativen (und unglaublich sympathischen) Köpfen entsprungen ist. Melodien bekommen durch das gezielte Einsetzten von Lautstärkenabstufungen und der ausgefuchsten Wahl der Gitarreneffekte eine unheimliche Eigendynamik. Die in etwas höheren Tonlagen und ständig zwischen glasklarem Gesang und zürnendem Kreischen agierende Stimme von Sänger Txesk ist der perfekte Feinschliff. Er selbst verkörpert jeden Song, lässt sich darauf ein, ist selbst permanent auf der Reise zwischen den Welten, zwischen dem hier & jetzt und dieser fernen Galaxie die er mit Hilfe seiner Kumpels erschafft. Das mag ein bisschen poetisch und überzogen klingen, aber wie so oft kann ich nur dazu aufrufen sich gescheite Kopfhörer zu schnappen, das Licht runter zu dimmen, den Laustärkenregler kräftig nach oben zu drehen, und sich einmal mehr entführen zu lassen an einen Platz wo Probleme und Sorgen so weit entfernt sind wie Die Comet von ihrer Basis, nachdem Captain Future sie Richtung eines auf seine Hilfe angewiesenen Planeten - irgendwo im unendlich großen Sonnensystem - hinzu steuert. Das Ganze gleicht einer ständigen, nicht enden wollenden Explosion. Der Drummer, Ori, erschafft mit seinem Drumkit und einem unglaublichen Gefühl für komplexe Grooves eine schwer nachvollziehende Prog-Oper. Gratapeus ist der Mann für die Details, spielt Keyboard, singt, bedient eine Unzahl an Percussions, wechselt aber auch in Sekundenschnelle an die Gitarre und verstärkt die von Zaak, auf seiner Godin und technisch hohem Level, gespielten Harmonien. JP am Bass groovt von der ersten Sekunde an mit Fingerspitzengefühl, knickt immer wieder in sich zusammen vor lauter gelebter Emotion und nicht nur ich genieße das alles. Der Raum ist mittlerweile sehr gut besucht, die Stimmung, nicht nur weil der Frontmann bzw. die Band weiß, ihre Message zu transportieren und den Funken überspringen zu lassen, nicht mehr zu vergleichen mit dem distanzierten Herumgestehe der Vorband. Hier sind gerade eine Unmenge an Molekülen drauf und dran heftig Liebe untereinander zu machen, sich aneinander zu reiben, was in der Gesamtbefindlichkeit automatisch dazu führt, dass auch diverse Rezeptoren in unseren Köpfen angezapft und mit Wohlbehagen überschüttet werden. Ja, es ist gerade eine unheimliche Spannung zu verspüren – eine positive. Die Nummern variieren, kommen mal langsam und melancholisch, dann wieder in Begleitung eines heftigen, Minuten lang andauernden und ständig aufs neue ausufernden Jams daher, bei dem sich der Sänger teilweise ganz aufs Geräusche produzieren beschränkt, quasi als Überstimme für den restlichen Noisepegel. Es ist schön, wenn einem ein Konzert so fesselt, dass man eigentlich keine Sekunde die Protagonisten aus den Augen verlieren will, gleichzeitig aber meilenweit entfernt vom Geschehen dahinschwebt. Eine Freundin, generell in anderen Musikgefilden beheimatet und wahrscheinlich das erste Mal seit Jahren auf (so einem) Konzert, meinte danach nur, dass sie gen Ende einfach die Augen nicht mehr aufgemacht habe – nur mehr den Disfrutarmodus auskostete. Ein schönes Erlebnis.
Die Band spielt sich eine knappe Stunde durch ein reiches Reportaire an Songs inklusiver zweier Zugaben und als die letzten Töne verhallten, die Monitorboxen ausgepfiffen hatten, da war es kurz nach Mitternacht. Meine letzten Stunden hatten also gerade einen fulminanten Beginn erlebt. Ich war unglaublich glücklich, aber mehr noch war ich traurig. Jetzt gerade wurde mir bewusst, dass ich noch einige Sache zu erledigen hätte in dieser wunderbaren Stadt. Aber oft braucht man diese auf den ersten Blick so falsch wirkende Entscheidungen um wirklich auch nach vorne zu kommen.

Hyperventilation

Für mich endete die Nacht im La Macarena bei deftigem House, und einigen getanzten Kilometern auf der kleinen aber feinen Tanzfläche. Gleich ums Eck hatte es damals auch seinen Lauf genommen – vor fünf Monaten – an der Bar sitzend, allerdings auf Englisch…….und ich bin schon gespannt wo sich die Geschichte fortsetzt.
Die aktuelle Platte hört auf den Namen Hyperventilation und wurde Ende 2007 fertiggestellt. Für all jene, die den Tonträger nicht käuflich erwerben wollen, bietet die Band (derzeit noch ohne Label) hier den gratis Download des Albums an. Ich muss aber hinzufügen, dass das Artwork und das Sleeve der Platte, mitunter eines der Genialsten ist, dass ich seit langer Zeit gesehen habe. Dementsprechend kann ich den direkten Kontakt mit der Band nur anpreisen. Entsprungen ist die Idee einer, auf Überdimensionalen Tabakkonsum basierenden, Lungenkrankheit des Gitarristen welche fast mit dem Ableben desjenigen seinen tragischen Höhepunkt genommen hätte. Es ist keine, wie auf den ersten Blick erscheinende, im Photoshop kreierte Zeichnung. Vielmehr handelt es sich tatsächlich um analoge Kunst unter zur Hilfenahme von Sanitätsbehelf (Verbandsmaterial) in Kombination mit einer weiteren ausgefeilten Technik. Ein sehr schönes Gesamtkunstwerk, das ich nicht mehr in meiner Sammlung missen möchte.

Anspieltipps der Platte


Am besten mehrmals auf Play und Repeat all schalten. Ansonsten The man who bit me, The Sound, Xuxurlatuz, Find, The Answer, ….
Hoffentlich ergeben sich bald ein paar Möglichkeiten mehr, diese Musik auch live einem breiteren Publikum zu vermitteln. Bereit wären die Burschen auf jeden Fall.

Paz y hasta pronto mi amigos….en vuestra ciudad!!!
*thez*

Crystal Antlers + Shooting Spires / 1.3.2009 / Arena - Wien


Endlich wieder Musik....

Jedes Ende bringt einen neuen Anfang mit sich“….. Wer sagt das? - und vor allem: Stimmt das auch?
Es ist schon recht seltsam, wie diverse Überlieferungen, die sich ja aus Erfahrungswerten und Erlebtem anderer zusammensetzen, gefühlsmäßig schon ein Leben lang durch meine Gedankenwelt ziehen, man sich aufgrund selbstwahrgenommener Geschehnisse dann die Frage stellt, ob das denn auch wirklich so ist, ob diese einzelne Zeile ihre getragene Message ganz von alleine umsetzt oder ob man da schon noch seinen Anteil dazu beitragen muss. Es hängt wie so oft von der Definition ab, denn ein Anfang ist nicht gleich ein solcher. Ein Anfang kann auch ein Ende sein, das Ende vom Anfang. In den letzten Tagen als sich bei mir - gegen meinen derzeitigen Willen – diese innerliche Aufbruchsstimmung einstellte, da war sie dann auch wieder präsent, diese abgedroschene Phrase. Mit dem Unterschied, dass ich schon vor einer Weile begonnen hatte etwas Neues zu beschreiten, somit das hier und jetzt in dem ich mich (wieder ) befinde zwar auch als eine neue Situation, ein weiterer Beginn einer Epoche, letztendlich aber einfach nur als ein konstruktives Weiterarbeiten an einem anderen Ort angesehen werden muss. Und trotzdem ist es mir gerade unheimlich wichtig mit Sicherheit zu wissen, dass ich in ein paar Wochen abermals ein neues Kapitel eröffnen werde, allerdings dort, wo vor ein paar Monaten alles seinen Lauf genommen hatte….

The beginning....

Als ich im Juli 2008, mitten im Zurechtbiegen der uralten, verrosteten Gleise in Richtung einer besseren Zukunft, ein bisschen erschöpft und den September herbeiwünschend, über diesen wunderbaren und wie bestellt wirkenden Artikel der Außenstelle NYC gestolpert bin, da strotzte ich plötzlich wieder voller Kraft und auch Hoffnung. Die Musik dieser auf den ersten Blick so ausgeflippt wirkenden Gruppe und deren scheinbar noch nie dagewesener Mix an Stilen wirkte wie ein Stromstoß der meine ausgelaugten Akkumulatoren in Sekundenschnelle wieder aufladen ließ. Ich fühlte mich großartig und hatte wieder Kraft für den damals so wichtigen, letzten Schritt. Jetzt, mehr als ein halbes Jahr später, einer richtungsweisenden Horizonterweiterung im Ausland reicher und erstmals seit Monaten wieder dreckige Donau gegen blaues Mittelmeer getauscht, da passt die Musik wieder perfekt ins Programm. Drum bin ich heute auch eingepackt in drei Schichten und schwerster Wehmut durch die Straßen Wiens marschiert, den Kapuzenpulli weit über den Kopf gezogen und mit A thousand eyes in den Headphones. Sehr befremdlich wirkte das Ganze auf mich, sehr unwohl fühlte ich mich in der mir normalerweise so vertrauten Stadt und hätte ich nicht das Wissen gehabt in ein paar Stunden in den Livegenuss von Crystal Antlers zu kommen, dann wäre der Tag auch schon wieder zu Ende gewesen. Ja, erst jetzt verstehe ich was es heißt, etwas mit anderen Augen zu sehen…oder eben mit ein paar Tausend davon.

Erdberg

Dann, nach einem kurzen- aber wie ich glaube gelungenem – Überraschungseffekt, ging´s ab in die gute alte Arena. Und dass ich nicht allein dorthin unterwegs war, das erleichterte mir einiges und ließ den Abend erst so richtig zu einem gewaltigen Genussmoment mutieren. Denn auch wenn ich mit meinen Gedanken noch mehr als 2000 km entfernt bin, so ist es doch ein wunderbares Gefühl plötzlich eine der wichtigsten Personen nach monatelanger Abstinenz wieder neben sich zu haben. Das Konzert fand im Dreiraum statt, einem Soundtechnisch nicht optimalen Platz und auch eher einer Schuhschachtel ähnelnd. Ich hatte schon vor dem Gig massive Bedenken, was das im Falle einer Band wie den Crystal Antlers für Auswirkungen mit sich bringen würde. Immerhin handelt es sich hier um eine Combo, die sich maßgeblich über ihren Sound definiert. Natürlich, jede Band macht das, aber in diesem speziellen Fall würde eine fatale Soundperformance erheblicheren Schaden anrichten. Bei der Band (weil erstmals in Wien), dadurch natürlich bei den Anwesenden und am meisten bei mir selbst. Bevor es aber so weit war, nahm uns noch der unter dem Synonym Shooting Spires agierende BJ Warshaw (in punkto Niederlassung mittlerweile von Brooklyn nach New Jersey übersiedelt) auf eine Reise in die Welt der Effekte mit. Für mich immer wieder einem Phänomen gleichend wie man den Ansatz solche Musik zu machen für sich entdecken kann und in weiterer Folge auch noch den Überblick behält in diesem horriblen Mix aus meterlangen verwundenen Kabeln, einer Unmenge Gaffa und irgendwo dazwischen auch noch schätzungsweise fünf Effektgeräten, einem Kaospad, einem I-Pod, einem Mini-Midi (dem Anschein nach von Fisherprice ums Eck), einem Wah –Wah, und einigem mehr. Auch wenn mich solche kreischenden Soundwolken immer ein wenig abschrecken und ich mich nicht wirklich dafür begeistern kann, so bin ich in den darauffolgenden Minuten doch ein Fan seiner Stimme geworden. Waren die ersten Nummern noch sehr vor den Kopf stoßend, so konnte ich danach doch eine gewisse Logik hinter all dem sehen. Vielleicht ist das auch einfach mein Hauptproblem, alles immer auf einen logischen Nenner zurückführen zu wollen. Geschafft hab ich das ja nicht mal im gehassten Fach der Mathematik, warum also im viel komplexeren (aber geliebten) der Musik. Also werd ich´s einfach wieder lassen. Als feines Gimmick und Weltpremiere zugleich holte er für eine Nummer den dudelsackspielenden Irokesen der tschechisch/amerikanischen Punkrocker von Pipes and Pints auf die Bühne, welche im Anschluss das Beisl zum schwingen brachten. Leider stellten sich massive technical difficulties ein, was den Soundtechniker zu einem auf der Bühne herumkriechenden, alle Kabel inspizierenden Ärmling machte. Immer auf der Suche nach dem Kontaktfehler, was bei diesem Kabelsalat der altbekannten Suche nach der Nadel im Heuhaufen sehr nahe kam. Es führte in weitere Folge auch dazu, dass das Konzert beendet wurde. Beim nachfolgenden Gespräch im Arena – Beisl wurde dann eine defekte DI-Box als der Übeltäter lokalisiert. Und wenn schon so eine Ein -Mann – Maschinerie aus dem fernen New York zu Besuch ist, sollte sein Zweitprojekt, diesmal eine Band, namens Parts & Labor auch noch Erwähnung finden.
Dann wurde endlich ein bisschen Ordnung in das Chaos gebracht. Kabelenden verschwanden in den dazugehörigen Instrumenten, Sticks klopften den Rhythmus ein und ab ging die Post. Der Raum war mit schätzungsweise 50- 60 Personen ganz passabel gefüllt. Von den Stimmproblemen, die Sänger Jonny Bell zur Absage des Konzertes in Köln gezwungen hatten, war nichts mehr zu hören. Rau, rotzig, den Unterkiefer immer weit nach vorne geschoben, die Augen geschlossen und permanent brachial das Mikro anshoutend als wäre es das am meisten gehasste Ding auf Erden - so präsentierte er sich. Er würdigt dem Publikum keinen Blick, und wenn doch, dann handelt es sich dabei um den Bruchteil einer Sekunde und in Kombination mit einem slangfreien Dankeschön. Ich positionierte mich in der ersten Reihe, die Boxen hinter mich gelassen. Ich dachte mir, dass es vom Sound her eine Bank sei, wenn ich maßgeblich das Monitorgewitter der Bühne zu Ohren bekommen würde. Diese Vermutung stellte sich als Richtige heraus. Gab es in der Mitte des Raumes noch anfängliche Soundprobleme denen man erst nach etwa drei Nummern mit herunternehmen des Orgelsounds und mehr Augenmerk auf die Gitarre entgegenwirkte, so klang vorne alles sauber und auch jede so präzise, von enormer Wichtigkeit gesetzte Verzerrung des technisch hochbegabten Gitarristen Andrew (passenderweise mit Nachnahmen King) sowie jeder Schlag auf die Bongos von „Sexual Chocolate“ waren perfekt zu hören. Die Band aus Long Beach/California beglückte uns 2008 mit einer bombastische EP welche unter den Fittichen von Ikey Owens, seines Zeichens herausragender Organist bei The Mars Volta und alter Bekannter des Percussionisten - aus Zeiten wo dieser noch Events in einem L.A. Club organisierte und Ersterer genau in diesem als Soundtechniker tätig war - produziert wurde. Außerdem fungierte Owens eine Zeitlang als Organist bei Crystal Antlers. Für die Produktion des im April dieses Jahres erscheinenden Longplayers Tentacles musste aus zeitlichen Problemen aber auf einen anderen Produzenten zurückgegriffen werden. Hört man sich allerdings die erste Singleauskopplung Andrew an, so kann man die etwaigen Sorgenfalten, die sich aufgrund der neuen Konstellation beim Aufnahmeprozess eventuell auf der Stirn gebildet haben, gleich wieder gerade bügeln. Es ist, so scheint es, eine nahtlose Weiterführung der Ep. Live wurde diese Nummer an vierter Stelle platziert, also es dem Longplayer gleichgetan. Die Musik dieser Band zu beschreiben, da habe ich gerade meine Probleme damit, weil ich nicht wirklich sagen kann, wo ich sie einordnen soll in meinem generell sehr breit gefächerten Musikspektrum. Dieser Mix aus jeder Menge Soul, Prog und drogengeschwängerten 60iger Jahre Psycho, diese so perfekt alles miteinander verbindende und doch so simpel und unprofessionell wirkende DIY - Stimme, die Percussions, diese unendlich scharfen Cymbals, dieses spartanische Schlagzeug …..es wirkt, speziell nach dem Konzert und weitern 12 Stunden Dauerrotation der sieben in meinem Besitz befindlichen Nummern, als wäre eine seit langer Zeit in meinem Unterbewusstsein dahingewachsene Vorstellung von der perfekten, alles umfassenden Musik plötzlich in Erfüllung gegangen. Als hätte wirklich jemand den Jackpot diesbezüglich geknackt. Gratulation. Entgegen meiner Erwartungen wurde von der neuen Scheibe nur ein Bruchteil vorgetragen, die Ep aber fast zu Gänze durchlaufen. Dass Nummern wie Owl, Until the sun dies (part 2), das schon weiter oben erwähnte A thousand eyes, Vexation und vor allem Parting song for the torn sky bei mir für eine überdimensionale Ausschüttung von Glückshormonen sorgten, dass versteht sich ja von selbst. Speziell Letztere wurde klassisch als finales Ende gesetzt, einfach weil sie perfekt als solches zur Geltung kommt, weil in diesem Song nochmal so richtig Dampf abgelassen werden kann , weil hier im Jam -Part der Nummer schon mal der Kopf Jonny Bells auf die Orgeltasten von Victor Rodriguez aufschlagen kann, dort die Klaviatur von C1 bis C2 massakriert und angeschwitzt zurück lässt, weil ein Damien Adwards aka Sexual Chocolate die Welt schon mal ein bisschen schräger wahrnimmt durch seine schwarz-weissen Ray Ban´s, offensichtlich seine Percussions mit seiner Angebeteten aus seinem letzten erotischem Traum verwechselt und auch Kevin Stuart noch mal das letze aus seinen Drums herauspusht. Das Publikum huldigte die Kalifornier mit nicht enden wollenden Applaussalven und Aufforderungen für mindestens noch eine Stunde Musik. Naja, dazu kam es natürlich nicht mehr, aber zwei weitere Nummern, eine davon ein fast ausschließlich dahinwummerndes Instrumentalstück und eine weitere, wahrscheinlich ebenfalls neue Komposition, waren schon noch drinnen.

Schokobeisl

Es war ein perfekter erster Abend in der neuen alten Stadt, oder zumindest wurde die Phase meiner schwer zu handhabenden Gefühlslage um ein paar Stunden nach hinten verschoben. Nachdem dann noch im Arena –Beisl bis in die frühen Morgenstunden Raubbau am jeweiligen Körper betrieben wurde um, einerseits die Situation leichter zu verkraften, 27 Jahre Erdenbürgerschaft zu feiern oder einfach nur einer unzählige Stunden dauernden Weiterfahrt in die Schweiz entgegenzuwirken, der erwünschte Effekt trat in jedem der Fälle ein. Außerdem entdeckte Sexual Chocolate die Vorzüge des Weißen Spritzers, hat seit gestern einen neuen Freund aus Schokolade, könnte sich vorstellen in der Arena wohnhaft zu werden und als persönlichen Wunsch eine Open-Air Gig in genau dieser ausgesprochen. Der sowohl auf der Ep als auch auf der Lp mitwirkende zweite Gitarrist Errol Davis konnte für die Europatournee der Band leider nicht mehr rechtzeitig gewonnen werden weil derzeit in Thailand verweilend. Generell wurde laut Aussagen des Percussionisten, der sich und seine Bongos nicht als Pausenfüller, sonder als zweite Stimme für Sänger und Drummer sieht, erst einmal ein Gig gemeinsam gespielt. Die folgende US-Tour werde er aber als sechster Mann die Bretter der Bühnen mit ihnen teilen.

Hot Stuff

Der Longplayer Tentacles steht in Europa ab 6. April 2009 im Plattenladen deines Vertauens und wird vom Label Touch and Go released. Laut Informationen der Band handelt es sich hierbei ürigens um die letzte Platte, danach wird das Label seine Dienste einstellen bzw. downgesized.
Jeder der sich diese einmalige Gelegenheit, diese Band in einem so familiären Rahmen anzuschauen entgehen ließ, dem kann ich jetzt nur gute Besserung wünschen – aber falls jemand Lust auf verfrühte Sommergefühle hat, kann ich nur das Primaverasound Festival in Barcelona empfehlen. Dort kann man mit den Crystal Antlers um die Wette funkeln….und natürlich mit meiner Wenigkeit;-)
In diesem Sinne möchte ich noch Corey Rusk (Touch and Go Gründer) zitieren:
…. but we also know that good things can come from new beginnings.

PAZ!
*thez*